Bamberger Kurzfilmtage #Spezial Russland – Der junge russische Film

Foto: Franziska Gurk
Foto: Franziska Gurk

Alljährlich finden im beschaulichen Frankenländle die Bamberger Kurzfilmtage statt. Dieses Jahr (Ach nein, was habe ich in den nun schon fast sieben Jahren hier in Bamberg gelernt? Man sagt hier heuer!), also heuer jährt sich das Spektakel nun schon zum 25. Mal. Gezeigt werden, wie der Name verrät, Kurzfilme jeder Couleur. Von Animationsfilmen über Experimentalfilme bis hin zu Dokumentationen und Retrospektiven ist auch in diesem Jahr alles vertreten. Dabei handelt es sich voranging um deutsche Produktionen überwiegend junger Filmemacher. Wenn man sich das aktuelle Programmheft des Festivals anschaut oder besser: studiert, wird man von einem schier grenzenlosen Angebot an Filmen und Terminen erschlagen. Die Auswahl hat auch mich überfordert, klang doch das allermeiste viel zu interessant, um es nicht anzusehen. Um wenigstens mit einigermaßen Sinn und Verstand an die Sache heranzugehen, habe ich mir einfach einen Tag inklusive Uhrzeit ausgesucht, an dem es mir am besten passt und habe dann geschaut, was mich am meisten anspricht. Super Plan, könnte man meinen, wenn zu diesem Zeitpunkt nicht schon die Hälfte der Vorstellungen ausverkauft gewesen wäre. Düdüm. Andererseits hat mir dieser Fakt die Sache nur zusätzlich erleichtert. Je weniger Auswahl, desto besser. Übrig blieb letztlich die 20:15 Uhr-Vorstellung am Donnerstag, die sich ganz dem russischen Film widmen sollte. Kam mir gelegen, weil der Termin ohnehin in der engeren Auswahl war.

Was gab es da nun also zu sehen? Zur Abwechslung eben mal keine deutschen Filme, sondern fünf preisgekrönte Kurzfilme des „St. Petersburg International Festival of Debut and Student Films BEGINNING“, die zwischen 2011 und 2013 entstanden sind. Die Filme wurden im Originalton mit englischen Untertiteln gezeigt, aber das nur am Rande. Ich weiß nicht, ob es das ist, was russische Filme im Allgemeinen beschreibt oder ob es dem Zufall zu schulden ist, aber alle fünf gezeigten Filme haben eine Melancholie ausgestrahlt, die hin und wieder nur schwer zu ertragen war. Trotzdem waren die Filme sehr gut und sind mit nur wenig finanziellen Mitteln realisiert worden.

Ganz besonders gefallen haben mir die beiden ausgewählten Animationsfilme My strange grandfather der Moskauer Kinematografie-Studentin Dina Velikovskaya und Phisto goes away, die Diplomarbeit der jungen Animationsfilm-Regisseurin Sonya Kendel.

bambergerkurzfilmtage.de
Quelle: bambergerkurzfilmtage.de

My strange grandfather erzählt von einem Mädchen, das mit ihrem Großvater in einer kleinen Hütte am Strand lebt. Der Großvater vertreibt sich seine Zeit damit, den Müll der Strandbesucher einzusammeln und verrückte Dinge daraus zu basteln. Die Enkelin findet das peinlich, bis sie eines Tages sieht, was der Opa tolles aus dem Abfall zusammengezimmert hat. Die Geschichte ist schon deshalb ganz zauberhaft, weil hier Puppen animiert und zum Leben erweckt wurden.

Metube
Quelle: bambergerkurzfilmtage.de

Phisto goes away handelt von einer menschengleichen Katze, die es in der kleinen, piefigen Dorfeinöde nicht mehr länger aushält und, mit einer Zahnbürste bewaffnet, in die große weite Welt zieht. Jedenfalls hat sie sich das vorgenommen. Es bleibt aber nur bei dem Versuch, denn der einzige Bus, der im Niemandsland hält, ist schon voll und ein nächster kommt nicht, weil ein Sturm aufzieht. Schlussendlich gelangt Phisto zu der Einsicht, dass es zu Hause doch irgendwie am schönsten ist. Dieses sehr kurzweilige Filmchen überzeugt vor allem mit ganz viel Witz und Charme.

Späte+Vogel
Quelle: bambergerkurzfilmtage.de

Die übrigen drei Kurz-Spielfilme behandeln da schon ernstere Themen. Der temporeiche Film F5 des jungen Regisseurs Timofey Zhalnin zeigt zwei Tänzerinnen, die sich auf einem wichtigen internationalen Tanz-Festival entscheiden müssen, wie weit sie sich für den Erfolg verbiegen wollen oder können. Bemerkenswert sind hier insbesondere die langen Kamerafahrten und die schauspielerische Leistung der zwei Hauptdarstellerinnen.

Quelle: bambergerkurzfilmtage.de
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Ivan Pavljutskovs düsteres Drama White Square ist der traurigste und bedrückendste Film des Abends. Fünf Jungen spielen im russischen Hinterland verstecken. Einer von ihnen muss am Ende mit seinem Leben bezahlen. Ich weiß immer noch nicht so genau, was ich davon halten soll. Der Film hat viele dokumentarische Momente und ist vielleicht ein Abbild der Sinnlosigkeit, die in unserer Welt zuweilen herrscht.

Quelle: bambergerkurzfilmtage.de
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Der letzte Film, Diary of a young doctor, zeigt einen jungen Chirurgen, der sich nach einer missglückten OP zwischen Ethik und Karriere entscheiden muss – ein Gewissenskonflikt, der eigentlich nur eine Antwort zulässt, wahrscheinlich aber öfter als uns lieb ist, falsch entschieden wird. Es ist anzunehmen, dass genau das auch die Intention des Regisseurs Ruslan Pestov war.

Am Ende der Vorstellung kamen zwei Filmemacher und Sprecher des „St. Petersburg International Festival of Debut and Student Films BEGINNING“ zu Wort. Auf die Frage, was denn nun den russischen Film vom deutschen unterscheidet, wussten sie keine so richtige Antwort. Betrachtet man die fünf gezeigten Filme als Stellvertreter für das russchische Kino, würde mir die Antwort wohl nicht schwer fallen. Ich habe fast alle Filme als ungleich schwerer empfunden als es das deutsche Kino zu sein vermag. Auch wenn es kein leichtfüßiger Kinoabend war, habe ich doch mal einen Eindruck gewinnen können, was russisches Kino kann und vielleicht sogar ist.   fg

Habt ihr schon Erfahrungen mit dem russischen Kino gemacht? Wenn ja, welchen Eindruck hat es bei euch hinterlassen?

Zehn sind nicht genug! oder: Dix ne sont pas assez! – Nachtrag zur aktuellen Blogparade

banner stöckchenMir ist während der Veröffentlichung meines Beitrages zum aktuell kursierenden Bloggerstöckchen bewusst geworden, wie viel tolle, ach was sag ich, formidable Filmmusik es doch gibt und da ich bzw. wir ein zweites Mal (von der lieben Miss Booleana) nominiert wurden und im Moment sowieso gerade alle Zeichen auf Verleihung und so stehen, dachte ich mir, nutze ich mal die Gunst der Stunde, um noch einen jeweils 11. Platz in den beiden Kategorien „Beste Soundtracks & Scores“ und „Beste Filmsongs“ zu vergeben. Für diese beiden französischen Ohrenschmäuse war nämlich leider kein Platz mehr, was aber nichts an ihrer Qualität ändert und sie trotzdem für die Liste befähigt.

Voilà:

Platz 11 – Beste Soundtracks & Scores geht an: Die Kinder des Monsieur Mathieu (Bruno Coulais/ Christophe Barratier, 2004)

Platz 11 – Beste Filmsongs geht an: Ernest et Célestine (Vincent Courtois, 2012)

 

FIN.   fg