Bedrohtes Heiligtum

Ist der Ostseeurlaub in Gefahr?

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Für mehr Rot am Strand, Foto © Franziska Gurk

Als ich mich eben durch meine Facebook-Timeline gescrollt habe, stachen mir folgende zwei Artikel der taz ins Auge: Ferien in rechten Idyllen? von Nina Apin und Pascal Beucker sowie ein Kommentar von Eberhard Seidel, Leiter von „Schule mit Courage“ Kein Urlaub mehr auf Usedom.

Ich gebe zu, meine Gedanken kreisen, nach dem Lesen der Artikel stelle ich mein Reiseverhalten in Frage. Warum nicht schon vorher? Oder lasse ich mich zu schnell verunsichern? Natürlich wird nach den alarmierenden Ergebnissen der Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern wieder diskutiert. Ist ja auch richtig, das kann man nicht unbeachtet so hinnehmen. Trotzdem: Ich wusste lange vor den Wahlen, das gerade Wolgast eine rechte Hochburg ist. Und dennoch finde ich es am Hafen, unweit der blauen Peenebrücke, wo ich fast jedes Jahr mein rituelles Lachsfischbrötchen mampfe, ganz schön. Eigentlich schlimm, könnte man jetzt sagen, die ignoriert das einfach. Tatsächlich habe ich mir im Usedom- oder generell Ostseeurlaub noch nie bewusst die Gesinnung der Menschen, die dort leben, vor Augen geführt. Aus der Ferne und im Alltagstrott geht das leichter…obwohl, einmal habe ich doch drüber nachgedacht. Das war in der Kleinstadt Usedom auf der gleichnamigen Insel. Da hingen vor Jahren NPD-Plakate, als ich die Straße zur Kirche runterspazierte. Und wenn ich länger darüber nachdenke, weiß ich noch, dass mir ein Gedanke durch den Kopf schoss: „Sieht man dem idyllischen Städtchen gar nicht an. Will gar nicht wissen, hinter welchen dieser hübschen Türen sich hier Abgründe auftun.“

Trotzdem – eine ganze Region für 38,8 Prozent Fehlorientierte zu bestrafen, finde ich, ebenso wie die Autorin des Pro-Artikels, falsch. Was ist mit den anderen Menschen, die ja immerhin noch mehr als die Hälfte der Bevölkerung ausmachen und die versuchen, etwas zu reißen? Usedom, Darß und Co. kampflos den Rechten überlassen? Kommt nicht in die Tüte. Das kann und will ich nicht. Und mal ehrlich, offen mit der AfD zu sympathisieren, ist längst nicht mehr nur ein Provinzproblem. Zur Erinnerung: hier in Bayern gibt es neben der AfD und NPD auch noch die CSU.

Meinen durchaus heiligen Urlaub werde ich also nicht stornieren. Mal ganz abgesehen davon, dass ich mein Geld nicht wiedersehen würde, liebe ich die Ostsee und das Achterwasser. Und wie oft habe ich mir schon ausgemalt, wie schön es wäre, irgendwo dort oben zu leben. In einem alten Reetdachhaus im Schilf. Das ist keine Liebe auf Zeit, sondern eine für immer. Komme, was wolle.

Was denkt ihr darüber? Niemals wieder an die Ostsee? Oder jetzt erst recht? Lasst es mich in den Kommentaren wissen!

2 Antworten auf „Bedrohtes Heiligtum“

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