Die Götter müssen verrückt sein

Exodus: Götter und Könige

Pünktlich zu Weihnachten hat es eine Bibelverfilmung  in die deutschen Kinos geschafft. Nachdem die Filmemacher seit den glorreichen Monumentalfilmen der 50er und 60er Jahre (Die 10 Gebote, Ben Hur) weitestgehend die Finger von biblischen Stoffen gelassen haben, sind diese nun wieder auf dem Vormarsch. Den Anfang machte im vergangenen Jahr Darren Aronofsky’s recht freie Bibelinterpretation Noah mit Russel Crowe in der Hauptrolle. Nun wagt sich Ridley Scott mit Exodus: Götter und Könige an die Neuverfilmung der Moses-Legende. Man darf gespannt sein, ob er damit einen Film biblischen Ausmaßes geschaffen hat.

Quelle: moviepilot.de
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Die Handlung dürfte bekannt sein: Moses (Christian Bale) wächst als Findelkind im ägyptischen Königshaus als gleichwertiges Mitglied der Pharaonenfamilie auf. Ramses (Joel Edgerton), der Sohn des Pharaos, ist für ihn wie ein Bruder. Doch je älter sie werden, desto deutlicher werden die Unterschiede zwischen den beiden. Als Ramses Pharao wird, findet er heraus, dass Moses hebräischer Abstammung ist. Nach seiner Vertreibung hat Moses eine Vision, in der ihm von Gott aufgetragen wird, sein Volk aus der 400 Jahre andauernden Sklaverei Ägyptens zu befreien und es durch die Wüste in die Heimat zurückzuführen. Ramses benötigt die Sklaven jedoch für die Errichtung seiner prächtigen Bauten und will das Volk erwartungsgemäß nicht ziehen lassen. Daraufhin wird das Land von verheerenden Plagen heimgesucht, die den Willen des Pharaos brechen sollen.

Quelle: filmstarts.de
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Der Trailer lässt es bereits vermuten – Exodus: Götter und Könige ist ein überaus bildgewaltiger Blockbuster, bei dem an nichts gespart wurde. Im Gegensatz zu Noah, wird hier glücklicherweise auf allzu fantasievolle inhaltliche Ausschmückungen verzichtet, mit Ausnahme der Darstellung von Gott, der hier als Kind in Erscheinung tritt. Ansonsten bewegt sich Exodus relativ nahe an der biblischen Vorlage, spart jedoch einige wichtige Sequenzen aus. So wartet man beispielsweise vergeblich auf das berühmte  „Lass mein Volk ziehen“. Diese scheinbaren  Kleinigkeiten sind es, die Exodus nur zu einem Blockbuster, aber eben nicht zu einem ergreifenden Epos machen. Exodus schafft es durchaus zu unterhalten und auch teilweise zu begeistern, jedoch nicht einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. An sein Meisterwerk Gladiator kommt Ridley Scott mit diesem Film bei weitem nicht ran. Woran liegt das? Vielleicht ist die Vorlage an sich das Problem, denn – so banal es klingen mag – es ist schwierig Spannung aufzubauen, wenn das Ende schon bekannt ist. Es ist eine Kunst für sich, den Zuschauer trotzdem in den Bann zu ziehen. Doch nun zu den positiven Aspekten des Films. 151 Minuten Spieldauer wirken zunächst abschreckend, verfliegen aber dank des zügigen Erzähltempos unerwartet schnell. Man bedenke, Die zehn Gebote von 1956 wartet sogar mit einer Dauer von 220 Minuten auf! Höhepunkt des Films war für mich ganz klar die gelungene Umsetzung der zehn Plagen, hier konnte sich der Regisseur sichtlich in vollen Zügen austoben. Zudem ist der Film unter anderem mit Christian Bale, Joel Edgerton und Ben Kingsley bis in die kleinsten Nebenrollen sehr gut besetzt. Fast schon etwas schade, dass eine Hollywoodgröße wie Sigourney Weaver hier nur einen so kleinen Auftritt bekommt. Leider ist Exodus weit und breit nur in 3D zu sehen – nicht unbedingt zum Vorteil! Immer wieder schleichen sich verwackelte, verschwommene Bilder ein, die für die Augen wahrlich keine Freude sind. Im Nachhinein würde ich mir Exodus: Götter und Könige nicht noch einmal im Kino anschauen, für einen gemütlichen Filmabend zu Hause ist er aber durchaus empfehlenswert.    sk

 

 

Quelle: filmstarts.de
Quelle: filmstarts.de

ES/GB/USA 2014

Regie: Ridley Scott

Schauspieler: u.a. Christian Bale, Joel Edgerton, Sigourney Weaver

Lief an am: 25.12.2014

Genre: Historienfilm, Drama

Laufzeit: 151 Min.

 

Beginnendes Bewusstsein

Im Labyrinth des Schweigens

Quelle: moviepilot.de
Quelle: moviepilot.de

Es gibt viele Filme und auch Serien über Deutschlands dunkelste Vergangenheit. Meist behandeln sie das Leben im Ghetto oder KZ (Jakob, der Lügner, 1974; Der Pianist, 2002; Der junge im gestreiften Pyjama, 2008), die Flucht vor den Nationalsozialisten (Das siebte Kreuz, 1944; Victor Klemperer – Ein Leben in Deutschland, 1999), die Gehirnwäsche in Nazideutschland (Napola – Elite für den Führer, 2004) oder zeigen die wenigen Menschen, die in einer Zeit kalten Hasses und nackter Angst Solidarität gezeigt haben (Sophie Scholl, 2005; Schindlers Liste, 1993). All diese medialen Zeugnisse sind ohne Frage wichtig und unabdingbar. Wie aber war das Bewusstsein der Menschen in den 1950er Jahren, 10 Jahre nach den Gräueltaten Hitlers und seiner Gefolgschaft – als es mit der deutschen Wirtschaft wieder bergauf ging und man wieder von einem geregelten Alltag der Menschen sprechen konnte? Genau dieser Frage geht Giulio Ricciarelli in seinem Film Im Labyrinth des Schweigens auf den Grund und thematisiert, auf einer wahren Begebenheit basierend, gleichwohl die Vorgeschichte der Frankfurter Auschwitzprozesse, die erst in den 60er Jahren zu einem Abschluss kamen.

Staatsanwalt Johann Radmann (Alexander Fehling) arbeitet noch nicht lange am Frankfurter Gericht, als plötzlich ein Journalist namens Thomas Gnielka (André Szymanski) auftaucht, der einen ehemaligen Wärter in Auschwitz anzeigen will. Sein Freund Simon Kirsch (Johannes Krisch) hat ihn als Lehrer auf einem Schulhof wiedererkannt. Staatsanwalt Walter Friedberg (Robert Hunger-Bühler) will davon nichts hören und schmeißt den Journalisten hochkant raus. Der unbedarfte, weil noch sehr junge Johann Radmann hingegen wird stutzig und will der Sache genauer auf den Grund gehen. Dazu bekommt er Rückendeckung von Generalstaatsanwalt Fritz Bauer (Gert Voss) und begibt sich kurzerhand auf die Suche nach Tätern und Opfern, die als Beweise für die Verbrechen in Auschwitz herangezogen werden können. Dabei ist ihm jedoch noch nicht klar, um welche Art von Verbrechen es sich handelt. Es erweist sich auch als äußerst schwierig, an die entsprechenden Akten zu gelangen, denn selbst die amerikanischen Behörden, die alle Akten mehr oder weniger gut archiviert haben, stellen sich zunächst quer. Als es Radmann schließlich aber doch gelingt, Einblick in die Akten zu erhalten, offenbart sich ihm das ganze Ausmaß der Schandtaten im dritten Reich. Mit Entsetzen begreift er, was eigentlich nicht zu begreifen ist: Eine ganze Nation ist verantwortlich für diese bis dato unaussprechlichen Verbrechen. Radmanns erklärtes Ziel ist sämtliche Auschwitz-Funktionäre endlich dingfest zu machen und ein völlig neues Bewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen. Eine jahrelange Sisyphusarbeit beginnt, bei der er immer wieder an seine Grenzen stößt.

Ricciarelli gibt eine ganz andere Sicht auf die Dinge, eine, die über das übliche Schulwissen hinausgeht. Denn was hat man damals im Unterricht gelernt? Da war die Rede von den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen, die bis heute als vorbildhaft gelten, aber doch nur exemplarisch sind. Bei diesen so berühmten Prozessen wurde ja lediglich Hitlers oberstes Gefolge an den Pranger gestellt und verurteilt, nicht aber die vielen „kleinen“ Leute, die in Auschwitz ihr Unwesen trieben. Und auch mit deren Verhaftung war die Sache natürlich noch lange nicht gegessen. Im Labyrinth des Schweigens zeigt eindrücklich, wie der Prozess der Vergangenheitsbewältigung Mitte der 50er Jahre neu ins Rollen gebracht wurde und dass wir es wahrscheinlich Johann Radmann, verkörpert durch den exzellenten Alexander Fehling, zu verdanken haben, dass in der Bevölkerung endlich ein neues Bewusstsein abseits der heilen Welt zu entstehen begann. Mit diesem Bewusstsein leben wir heute ganz selbstverständlich, nämlich nicht zu verdrängen, sondern zu erinnern, um einer Entwicklung wie damals entgegenwirken zu können und solch menschenfeindlichem Gedankengut niemals wieder Raum zu geben. Das Labyrinth des Schweigens ist ein hervorragender, feinstens ausnuancierter Historienfilm, den es sich in jedem Fall anzuschauen lohnt.  fg

Quelle: moviepilot.de
Quelle: moviepilot.de

DE 2014

Produktion: Universal Pictures Germany

Regie: Giulio Ricciarelli

Schauspieler: u.a. Alexander Fehling, Gert Voss, Johannes Krisch

Lief an am: 06.11.2014

Genre: Historiendrama

Laufzeit: 123 Min.