Der große Gatsby [DVD/Blu-ray]
Das epochale literarische Meisterwerk Der große Gatsby (Original: The Great Gatsby) von F. Scott Fitzgerald ist Gegenstand der gleichnamigen Neuverfilmung von Baz Luhrmann und gehört zu einem der bedeutendsten Novellen der amerikanischen Moderne. Doch worum geht es da eigentlich genau? Die Geschichte spielt in den 1920ern, während der Goldenen Ära in New York, genauer gesagt auf Long Island. Hier leben die reichen und neureichen durch eine Bucht voneinander getrennt. Man mag sich nicht besonders. Der einst mittellose, aber durch gut laufende Geschäfte mittlerweile sehr wohlhabende Jay Gatsby hat sich im Neureichenviertel West Egg niedergelassen und das aus gutem Grund. Seine selbst entworfene Villa ließ er genau gegenüber seiner großen Liebe Daisy Buchanan erbauen, die mit Mann und Kind inzwischen in East Egg residiert. Von seinem Steg aus kann Gatsby das grüne Licht am gegenüberliegenden Steg genau beobachten – das Sinnbild seiner Sehnsucht nach Daisy. Er veranstaltet Partys, die einem Vergnügungspark gleich kommen und wie ein „kaleidoskopischer Karneval“ anmuten, einzig in der Hoffnung, Daisy wiederzusehen. Nick Carraway, Daisys Cousin, führt als Erzähler durch die Novelle, denn er ist nebenbei auch Gatsbys Nachbar und sein einziger Freund. Er hilft Gatsby dabei, seiner großen Liebe wieder näher zu kommen und muss mit der Zeit erkennen, wie selbstsüchtig, arrogant und vor allem leichtfertig diese Gesellschaft ist, mit der er sich tagtäglich umgibt. Der Held des Romans ist zweifelsohne Gatsby, dessen Taten und Wirken sich nur aus einem Motiv begründen. Liebe. Der Liebe zu Daisy. Und das macht ihn in diesen Kreisen zu etwas Seltenem.
Luhrmanns Gatsby beindruckt durch bombastische Bilder, wilde Kamerafahrten, dramatische Slowmos und Time Lapse und basslastige Discosounds à la Beyoncé und Jay-Z. Das mag nicht jedem gefallen. Zu viel Pomp und Protz, Unnatürlichkeit und Aufgeblasenheit wird dem Film nachgesagt. Auf den ersten Blick nichts für den anspruchsvollen Kinogänger mit Hang zum Tiefsinn. Auf den zweiten aber durchaus. Ist es nicht genau das, was die vielverfilmte und sagenumwobene Novelle von F. Scott Fitzgerald zu vermitteln vermag? Von Natürlichkeit und Mäßigkeit ist da kaum die Rede. Thema des Klassikers ist genau dieser Missstand – die Widersprüchlichkeit des „American Dream“. Sicherlich treibt Luhrmann die Dekadenz der New Yorker Upper Class der 20er Jahre szenisch und musikalisch auf die Spitze, aber genau hierdurch zeigt sich die grenzenlose Maßlosigkeit dieser Gesellschaftsschicht zu dieser Zeit, wie ich finde. Die Charaktere wirken surreal und wie aus einer anderen Welt – kaum des realistischen Denkens fähig, eingenommen von sich und dem Konsum. Tiefgründige Dialoge wären daher eher fehl am Platz. Nachdenklich macht der Film dennoch oder grade deswegen. Was sich damals in der Welt der High Society niemand auszusprechen traute, bleibt auch im Film unausgesprochen. Große Diskussionen über Sinn und Unsinn der Liebe sowie das Eingestehen von Fehlern oder gar Problemen waren unschicklich und unerwünscht. Die glitzernde Fassade sollte bitteschön glitzern bleiben! Ehebrüche ruinierten den Ruf unwiederbringlich. Zwar gibt sich das reiche Mädchen Daisy (Carey Mulligan), gefühlsbetont und zerbrechlich – was bleibt ist allerdings der Eindruck eines verwöhnten „It-Girls“, dem es ohne Tränen und übertriebenen Weltschmerz schnell langweilig werden würde. Das Hin- und Hergerissensein zwischen ihrem wohlhabenden Mann Tom Buchanan (Joel Edgerton) und ihrer verflossenen, einst mittellosen und nach Jahren plötzlich wieder auftauchenden Liebe Jay Gatsby (Leonardo DiCaprio) scheint ihr daher gerade gelegen zu kommen. Aber für sie ist das Ganze nur ein Spiel. Für Gatsby hingegen keines. Es scheint so, als wäre Daisy seine große Liebe. Immer wiederkehrende Rückblicke zeigen dies deutlich. Oder ist sie für ihn nur das fleischgewordene Symbol einer „besseren“ Welt, zu der er aufgrund seiner Herkunft nie dazu gehört hat und es trotz schwer errungenem Reichtums auch nie wird, weil er nicht über blaues Blut verfügt? Diese Frage stellt man sich, kann sie allerdings spätestens nach dem durch Daisy verursachten Autounfall, den sich Gatsby ihr zu Liebe auf seine Kappe schreibt, mit einem Nein beantworten. Die einzig wahre Liebe in diesem Film ist die Freundschaft zwischen Gatsby und Nick Carraway (Tobey Maguire). Letzterer muss ansehen, wie sein Freund ins Verderben rennt. Seine Erzählung über den großen Gatsby schließt er sowohl im Buch als auch im Film mit folgenden legendären Worten:
„Gatsby glaubte an das grüne Licht, an die wundervolle Zukunft, die Jahr für Jahr vor uns zurückweicht. Damals entwischte sie uns, aber was machte das schon? Morgen laufen wir schneller, strecken die Arme weiter aus und einen schönen Tages, so kämpfen wir weiter, wie Boote gegen den Strom. Und unablässig treibt es uns zurück in die Vergangenheit.“
Die DVD enthält drei nicht verwendete Szenen, inclusive eines alternativen Endes mit Gatsbys Vater und einem zufälligen Wiedertreffen von Nick und Tom. Die Sprachen sind Englisch und Deutsch, wahlweise mit Untertiteln. Auch der Soundtrack von Baz Luhrmann, Anton Monsted und Jay-Z, bestehend aus Songadaptionen von Amy Winehouse oder U2, neuinterpretiert von Musikgrößen wie Jack White, Florence and the Machine, Fergie, will.i.am, Lana Del Ray etc. ist sehr zu empfehlen – für mich der beste Soundtrack des Jahres. fg
AUS/USA 2013
Verleiher: Warner Bros. GmbH
Regie: Baz Luhrmann
Schauspieler: Leonardo DiCaprio, Tobey Maguire, Carey Mulligan, Isla Fisher, Joel Edgerton
Laufzeit: ca. 137 Min.
Genre: Drama
DVD-/Blu-ray-Erscheinungsdatum: 20.09.2013