Licht am Ende des Steges

Der große Gatsby [DVD/Blu-ray]

FL01_010.jpgDas epochale literarische Meisterwerk Der große Gatsby (Original: The Great Gatsby) von F. Scott Fitzgerald ist Gegenstand der gleichnamigen Neuverfilmung von Baz Luhrmann und gehört zu einem der bedeutendsten Novellen der amerikanischen Moderne. Doch worum geht es da eigentlich genau? Die Geschichte spielt in den 1920ern, während der Goldenen Ära in New York, genauer gesagt auf Long Island. Hier leben die reichen und neureichen durch eine Bucht voneinander getrennt. Man mag sich nicht besonders. Der einst mittellose, aber durch gut laufende Geschäfte mittlerweile sehr wohlhabende Jay Gatsby hat sich im Neureichenviertel West Egg niedergelassen und das aus gutem Grund. Seine selbst entworfene Villa ließ er genau gegenüber seiner großen Liebe Daisy Buchanan erbauen, die mit Mann und Kind inzwischen in East Egg residiert. Von seinem Steg aus kann Gatsby das grüne Licht am gegenüberliegenden Steg genau beobachten – das Sinnbild seiner Sehnsucht nach Daisy. Er veranstaltet Partys, die einem Vergnügungspark gleich kommen und wie ein „kaleidoskopischer Karneval“ anmuten, einzig in der Hoffnung, Daisy wiederzusehen. Nick Carraway, Daisys Cousin, führt als Erzähler durch die Novelle, denn er ist nebenbei auch Gatsbys Nachbar und sein einziger Freund. Er hilft Gatsby dabei, seiner großen Liebe wieder näher zu kommen und muss mit der Zeit erkennen, wie selbstsüchtig, arrogant und vor allem leichtfertig diese Gesellschaft ist, mit der er sich tagtäglich umgibt. Der Held des Romans ist zweifelsohne Gatsby, dessen Taten und Wirken sich nur aus einem Motiv begründen. Liebe. Der Liebe zu Daisy. Und das macht ihn in diesen Kreisen zu etwas Seltenem.

Luhrmanns Gatsby beindruckt durch bombastische Bilder, wilde Kamerafahrten, dramatische Slowmos und Time Lapse und basslastige Discosounds à la Beyoncé und Jay-Z. Das mag nicht jedem gefallen. Zu viel Pomp und Protz, Unnatürlichkeit und Aufgeblasenheit wird dem Film nachgesagt. Auf den ersten Blick nichts für den anspruchsvollen Kinogänger mit Hang zum Tiefsinn. Auf den zweiten aber durchaus. Ist es nicht genau das, was die vielverfilmte und sagenumwobene Novelle von F. Scott Fitzgerald zu vermitteln vermag? Von Natürlichkeit und Mäßigkeit ist da kaum die Rede. Thema des Klassikers ist genau dieser Missstand – die Widersprüchlichkeit des „American Dream“. Sicherlich treibt Luhrmann die Dekadenz der New Yorker Upper Class der 20er Jahre szenisch und musikalisch auf die Spitze, aber genau hierdurch zeigt sich die grenzenlose Maßlosigkeit dieser Gesellschaftsschicht zu dieser Zeit, wie ich finde. Die Charaktere wirken surreal und wie aus einer anderen Welt – kaum des realistischen Denkens fähig, eingenommen von sich und dem Konsum. Tiefgründige Dialoge wären daher eher fehl am Platz. Nachdenklich macht der Film dennoch oder grade deswegen. Was sich damals in der Welt der High Society niemand auszusprechen traute, bleibt auch im Film unausgesprochen. Große Diskussionen über Sinn und Unsinn der Liebe sowie das Eingestehen von Fehlern oder gar Problemen waren unschicklich und unerwünscht. Die glitzernde Fassade sollte bitteschön glitzern bleiben! Ehebrüche ruinierten den Ruf unwiederbringlich. Zwar gibt sich das reiche Mädchen Daisy (Carey Mulligan), gefühlsbetont und zerbrechlich – was bleibt ist allerdings der Eindruck eines verwöhnten „It-Girls“, dem es ohne Tränen und übertriebenen Weltschmerz schnell langweilig werden würde. Das Hin- und Hergerissensein zwischen ihrem wohlhabenden Mann Tom Buchanan (Joel Edgerton) und ihrer verflossenen, einst mittellosen und nach Jahren plötzlich wieder auftauchenden Liebe Jay Gatsby (Leonardo DiCaprio) scheint ihr daher gerade gelegen zu kommen. Aber für sie ist das Ganze nur ein Spiel. Für Gatsby hingegen keines. Es scheint so, als wäre Daisy seine große Liebe. Immer wiederkehrende Rückblicke zeigen dies deutlich. Oder ist sie für ihn nur das fleischgewordene Symbol einer „besseren“ Welt, zu der er aufgrund seiner Herkunft nie dazu gehört hat und es trotz schwer errungenem Reichtums auch nie wird, weil er nicht über blaues Blut verfügt? Diese Frage stellt man sich, kann sie allerdings spätestens nach dem durch Daisy verursachten Autounfall, den sich Gatsby ihr zu Liebe  auf seine Kappe schreibt, mit einem Nein beantworten. Die einzig wahre Liebe in diesem Film ist die Freundschaft zwischen Gatsby und Nick Carraway (Tobey Maguire). Letzterer muss ansehen, wie sein Freund ins Verderben rennt. Seine Erzählung über den großen Gatsby schließt er sowohl im Buch als auch im Film mit folgenden legendären Worten:

„Gatsby glaubte an das grüne Licht, an die wundervolle Zukunft, die Jahr für Jahr vor uns zurückweicht. Damals entwischte sie uns, aber was machte das schon? Morgen laufen wir schneller, strecken die Arme weiter aus und einen schönen Tages, so kämpfen wir weiter, wie Boote gegen den Strom. Und unablässig treibt es uns zurück in die Vergangenheit.“

Die DVD enthält drei nicht verwendete Szenen, inclusive eines alternativen Endes mit Gatsbys Vater und einem zufälligen Wiedertreffen von Nick und Tom. Die Sprachen sind Englisch und Deutsch, wahlweise mit Untertiteln. Auch der Soundtrack von Baz Luhrmann, Anton Monsted und Jay-Z, bestehend aus Songadaptionen von Amy Winehouse oder U2, neuinterpretiert von Musikgrößen wie Jack White, Florence and the Machine, Fergie, will.i.am, Lana Del Ray etc. ist sehr zu empfehlen – für mich der beste Soundtrack des Jahres.   fg

Der-grosse-Gatsby_2013_dvd_cover

AUS/USA 2013

Verleiher: Warner Bros. GmbH

Regie: Baz Luhrmann

Schauspieler: Leonardo DiCaprio, Tobey Maguire, Carey Mulligan, Isla Fisher, Joel Edgerton

Laufzeit: ca. 137 Min.

Genre: Drama

DVD-/Blu-ray-Erscheinungsdatum: 20.09.2013

 

Jetzt im Kino: Die Fantasy-Saga von Cassandra Clare

Chroniken der Unterwelt – City of Bones

City_of_Bones_HauptplakatIn der Romanverfilmung Chroniken der Unterwelt – City of Bones schließt sich die 15-jährige Clary Fray (Lily Collins) mit geheimnisvollen Schattenjägern zusammen, um ihre Mutter zu finden und gegen fiese Dämonen zu kämpfen.
Clary Fray, gespielt von Phil Collins hübscher Tochter Lily, ist ein scheinbar ganz normales Mädchen, was sie selbstverständlich nicht ist! Spätestens als sie in einem Club auf Jace (Jamie Campell Bower) trifft und feststellt, dass nur sie ihn sehen kann, ist klar, dass hier was nicht stimmt! Als dann auch noch ihre Mutter entführt wird und sie von einem dämonischen Hund in ihrer Küche angefallen wird, schließt sie sich der Gruppe um Jace an, die ihr verkünden, „Schattenjäger“, halb Mensch, halb Engel zu sein und Dämonen zu jagen. Mit Hilfe der Schattenjäger und ihres besten Freundes Simon, der heimlich in sie verliebt ist, machen sie sich auf die Suche nach dem „Kelch der Engel“, um ihre Mutter zu retten. Schon bald erfährt Lily, dass auch sie kein normaler Mensch ist, sondern Schattenjägerblut in sich trägt und über besondere Fähigkeiten verfügt.

Von vielen Fans der Fantasy-Reihe sehnsüchtig erwartet, hat sich die Verfilmung schnell als Flop an den Kinokassen erwiesen – und das nicht ohne Grund! Die Story wirkt trotz 130 Minuten Spieldauer absolut überladen und hat mit einigen Logiklöchern zu kämpfen. Dazu hat man den Eindruck, dass hier versucht wurde alles in einem Film unterzubringen, was das Fantasy-Genre so hergibt: Dämonen, Hexen, Werwölfe, Vampire und Schattenjäger treffen hier wahllos aufeinander, wobei die Maske und die technische Trickkiste auch nicht immer wirklich überzeugen können. Unter den Darstellern hebt sich Lily Collins durchaus positiv hervor: ein frisches Gesicht, das meist überzeugen kann und nicht aufgesetzt wirkt. Robert Sheehan punktet ebenfalls als liebenswerter Nerd, der mit seiner Rolle wahrscheinlich unterfordert ist. Der etablierte Charakterdarsteller Jonathan Rhys Meyers (Match Point) sollte den Cast sicher aufwerten, wirkt aber eher etwas lustlos und fehl am Platz. Als absolute Fehlbesetzung empfinde ich den „Helden“ des Films, gespielt von Jamie Campell Bower. Blass, wenig Ausstrahlung und unsympathisch ist mein -zugegeben- hartes Urteil. Ein etwas charismatischerer Hauptdarsteller hätte vielleicht noch etwas reißen können.
Wirklich spannend wurde die Handlung auch im weiteren Verlauf nicht mehr, dafür musste man sich an einigen Stellen ungewollt das Lachen verkneifen. Zum Beispiel bei den wenig gehaltvollen und dafür umso schnulzigeren Dialogen zwischen Clary und Jace, die selbstverständlich total verliebt ineinander sind, bei denen man aber jegliche Chemie vermisst. Ob es mit der Liebe klappt, hat mich zumindest kalt gelassen. Völlig überflüssig und aufgesetzt wirkt die darauf folgende obligatorische Dreiecksgeschichte, die wir schon aus anderen Fantasy-Filmen kennen. Egal ob Inzest oder Vaterkomplex – es wird kein Klischee ausgelassen. Ab und an hatte ich das Gefühl, dass sich der Film selbst nicht ganz so ernst nimmt, was durchaus ein Pluspunkt war – denn wirklich ernst nehmen kann man ihn auch nicht. Eine letzte Kritik zur Synchronisation: Die Stimmen der Hauptdarsteller waren durchgängig unpassend und nervig. Den Schauspielern hat man damit jedenfalls keinen Gefallen getan.

Mein Fazit: Fans von Fantasyfilmen können mit diesem Film durchaus ihre Unterhaltung finden, sollten aber keine allzu hohen Ansprüche haben, denn Chroniken der Unterwelt ist mit Sicherheit kein Höhepunkt der Fantasywelt und wird wohl kaum an die Erfolge von Harry Potter, Twilight und Co. anknüpfen können.   sk

DE/USA 2013
Produzent: Constantin Films
Regie: Harald Zwart
Laufzeit 130 Minuten