Wenn zwei Welten auseinander brechen…

Der Geschmack von Rost und Knochen

Im Jahr 2012 präsentierte Jacques Audiard das französische Drama Der Geschmack von Rost und Knochen bei den Filmfestspielen in Cannes.  Der Film spielt ebenfalls an der Cote d‘ Azur und zeigt, dass es auch dort, abseits von Ruhm und Glamour, Verlierer gibt.

Irgendwo im Norden Frankreichs steht Ali (Matthias Schoenaerts) plötzlich mit seinem fünfjährigen Sohn Sam alleine da. Diefoto19_article beiden kennen sich kaum, doch Sams Mutter hat den Jungen vernachlässigt, weshalb sich jetzt Ali gezwungenermaßen um ihn kümmert. Der mittellose Ali reist mit Sam zu seiner Schwester Anna (Corinne Masiero) nach Cannes. Obwohl Anna als  Kassiererin in einem  Supermarkt nur wenig Geld verdient, nimmt sie die beiden bei sich auf und kümmert sich um Sam, während Ali als Türsteher arbeitet und an illegalen Wettkämpfen teilnimmt. Eines Nachts lernt er Stéphanie (Marion Cottilard) kennen, die bei einem Gerangel in der Diskothek verletzt wird. Er bringt sie nach Hause und erfährt, dass sie als Waltrainerin in einem Erlebnispark arbeitet. Die beiden treffen erst wieder aufeinander, als Stéphanie vom Schicksal hart getroffen wird: während einer Show wird sie von einem Orka so schwer verletzt, dass ihr beide Beine amputiert werden müssen. Es fällt ihr schwer sich mit ihrem neuem Leben im Rollstuhl zu arrangieren, doch gerade die schroffe und unkomplizierte Art von Ali hilft ihr dabei, neuen Lebensmut zu fassen. Zwischen den unterschiedlichen Charakteren entsteht eine ungewöhnliche Freundschaft, die jedoch nicht ohne Konflikte bleibt.

foto12_articleAuch wenn uns die Story etwas bekannt vorkommt, Der Geschmack von Rost und Knochen ist kein erheiternder Erbauungsfilm á la Ziemlich beste Freunde. Rau und sensibel zugleich erzählt Jacques Audiard von Menschen mit Hang zur Selbstzerstörung, gepaart mit der verzweifelten Suche nach sich selbst. Der Geschmack von Rost und Knochen ist die Geschichte zweier vom Leben gebeutelter Menschen, die eine Schicksalsgemeinschaft bilden und zusammen aus ihrer Isolation zu sich selbst und letztendlich auch zueinander finden. Dabei verzichtet Regisseur Jacques Audiard auf übliche Klischees und Bewertungen. In blassen Farben hat Audiard ein Porträt zweier Antihelden inszeniert, das ohne große Worte auskommt. Wider Erwarten steht nicht der Schicksalsschlag von Stéphanie, sondern das Handeln von Ali im Mittelpunkt der Geschichte, wodurch ein interessanter Blickwinkel aufgezeigt wird.

In dieser Charakterstudie glänzen Oscarpreisträgerin Marion Cottilard (La Vie en Rose) und Newcomer Matthias Schoenaerts mit ihrem nüchternen und doch emotionalen Schauspiel. So schafft es Marion Cottilard die Zerissenheit ihrer schwer greifbaren Figur zu vermitteln, während Matthias Schoenaerts Alis Resignation allein in seinen Augen erkennen lässt. Wer jetzt noch nicht überzeugt ist, schaut sich am besten den wunderschönen Trailer zum Film an!   sk

BE/FR 2012

Regisseur: Jacques Audiard

Darsteller: Marion Cotillard, Matthias Schoenaerts

Genre: Drama

Lief an am: 10.03.13

Laufzeit: 127 Minuten

 

Joaquin Phoenix im Gefühlschaos

Two Lovers

4b2a691cca4e3Zufällig bin ich vor einigen Tagen auf einen mir bisher völlig unbekannten Film aus dem Jahr 2008 gestoßen: Two Lovers mit Joaquin Phoenix und Gwyneth Paltrow in den Hauptrollen. Der Film ist damals wohl etwas untergegangen, weil Joaquin Phoenix bei der Promotion mit wild wucherndem Vollbart auftrat und behauptet hat, er werde seine Schauspielkarriere aufgeben und Hip-Hopper werden. Vielleicht erinnert ihr euch noch daran. 😉 Zum Glück hat er das ja dann doch nicht getan, denn wie er in Two Lovers wieder einmal beweist, ist er ein großartiger Schauspieler, von dem ich noch viel sehen möchte!

In Two Lovers spielt Phoenix den labilen Leonard Kraditor, einen jungen Fotografen, der nach einer unglücklichen Beziehung und einem Nervenzusammenbruch wieder bei seinen Eltern einzieht und im Familienbetrieb arbeitet. Sein Alltag ist denkbar öde und grau, sodass es nicht verwundert, dass er schon bald einen zaghaften Versuch unternimmt, sich umzubringen. Um ihn auf andere Gedanken zu bringen, wollen ihn seine besorgten Eltern mit der Tochter einer befreundeten Familie verkuppeln. Leonard ist von der attraktiven, liebenswerten Sandra (Vinessa Shaw) auch durchaus angetan, doch dann trifft er auf seine neue Nachbarin Michelle (Gwyneth Paltrow), von der er sofort fasziniert ist, die aber eine Affäre mit einem verheirateten Mann hat. Schon bald ist er zwischen Sandra und Michelle hin- und hergerissen…

Die Idee, dass sich ein Mann zwischen zwei Frauen entscheiden muss, ist sicher nicht neu und wurde schon in den verschiedensten Formen inszeniert. Dennoch ist das Liebesdrama Two Lovers sehenswert. Das liegt vor allem an den komplexen, vielschichtigen Figuren, die keine klaren Sympathien und Rollenverteilungen nach dem Hollywoodprinzip zulassen. Leonard ist zwar ein innerlich zerrissener Charakter, versinkt aber nicht in Selbstmitleid, sondern versucht neuen Lebensmut zu finden und seine Sehnsüchte auszuleben. Dabei wirkt er sympathisch, agiert aber auch egoistisch und rücksichtslos. Auch Sandra lässt sich nicht so einfach in eine Schublade stecken. Sie verkörpert zwar Bodenständigkeit und Vertrautheit, da sie aus einem ähnlichen Milieu wie Leonard kommt, ist sie aber auch lustig und liebenswert. Sie ist demnach nicht unbedingt die langweiligere Alternative zur chaotischen Michelle, die ihr gegenüber allerdings einen klaren Vorteil hat: Leonard sieht in ihr eine Art Seelenverwandte, da sie genauso unglücklich und verletzlich ist wie er selbst. Doch hier stellt sich die Frage, ob sich zwei labile Menschen gegenseitig retten können oder ob sie sich noch tiefer ins Unglück stürzen. Der Ausgang dieses Dilemmas ist bis zum Schluss nicht vorhersehbar, nur so viel sei verraten: Die Situation löst sich am Ende nicht einfach in Wohlgefallen auf. Neben der Vielschichtigkeit der Charaktere, fällt auch der ruhige Erzählrhythmus und die realistische, schlichte Inszenierung positiv auf. Nichts lenkt unnötig von der Handlung ab.

Fazit: Two Lovers ist keine typische Liebesromanze, sondern ein ehrlicher, realitätsnaher Film über das Leben mit all seinen Enttäuschungen, Sehnsüchte und Kompromissen.   sk

4b2a67ddd5341USA 2008

Regie: James Gray

Schauspieler: Joaquin Phoenix, Gwyneth Paltrow, Vinessa Shaw

Lief an am:

Genre: Drama

Laufzeit: 106 Min.