Miracle on 34th Street – Zwei Klassiker im Vergleich

Das Wunder von Manhattan (1947 vs. 1994)

589da9bf-1940-46aa-8b80-f20210e9c6caMiracle-on-34th-Street-ScreencapDas Wunder von Manhattan von Les Mayfield mit der wundertollen Mara Wilson gehört, seit ich denken kann, zu Weihnachten dazu wie Erni zu Bert oder treffender: wie Rudolf zu Santa. Als Kind liebte ich diesen Film und auch heute bin ich noch immer begeistert, wenn Kris Kringle seine Qualitäten als echter Weihnachtsmann unter Beweis stellen muss. Doch erst kürzlich tat sich mir eine frevelhafte Wissenslücke auf, wusste ich doch bis dato nicht, dass die 1994er Version, die ja mittlerweile auch schon als Klassiker gilt, auf einem noch viel, viel älteren Klassiker basiert und diesen quasi adaptiert hat – kurz: ein Remake ist!

Mein Dank geht an die ERGOThek, denn sie hat mir die Augen geöffnet und mich zu diesem Beitrag inspiriert 🙂 Kurz bevor es morgen ernst wird, gibt es also heute mal einen Vergleich zweier Klassiker.

Die Handlung im Vergleich:

Generell sind sich die Händlungsstränge beider Filme sehr ähnlich. Nur an wenigen Stellen weicht das Remake vom Original ab. Im Grunde geht es um das Übliche: den Glauben im weitesten Sinne, um Fantasie und um die Botschaft, dass Weihnachten mehr ist, als nur der bloße Konsum. Die Geschichte beginnt mit dem Thanksgiving Day, der in New York mit der alljährlichen Thanksgiving Parade die Vorweihnachtszeit einläutet. Die Parade wird seit jeher von der weltberühmten Kaufhauskette Macy’s organisiert und durchgeführt. Im Remake wurde der Name des Kaufhauses abgeändert (wohl aus rechtlichen Gründen) und so erschließt sich hier auch nicht sofort der Originaltitel des Films „Miracle on 34th Street“. Die Chefplanerin – zu Neudeutsch: Eventmanagerin – Mrs. Doris Walker (1947) bzw. Mrs. Dorey Walker (1994), gespielt von Maureen O’Hara und Elizabeth Perkins, sind in den letzten Vorbereitungen, bevor die Parade kurz darauf beginnen soll. Dummerweise erweist sich der beauftragte Weihnachtsmann wegen Trunkenheit am „Schlittensteuer“ als absolut untauglich und es muss sofort ein neuer her. Wie der Zufall es will, ist der nette alte Mann Kris Kringle (in der deutschen Version des Originals zu „Christ Kindle“ übersetzt und umgewandelt), der noch dazu aussieht wie der echte Weihnachtsmann, gerade zur Stelle und übernimmt den Job des schachmatt gesetzten Kollegen.

Wie viele Kinder in New York, schaut sich auch die kleine Susan Walker, verkörpert durch Natalie Wood und Mara Wilson, die Parade an – jedoch nicht aus nächster Nähe, sondern aus einer der Wohnungen in der 34sten Straße. Als Tochter der toughen Doris/Dorey glaubt sie nicht an den Weihnachtsmann und weiß mit ihren circa sechs Jahren schon ziemlich genau, wie der Hase läuft. In einem Gespräch mit dem netten Nachbarn Fred Gailey (1947) bzw. Bryan Bedford (1994), jeweils gespielt von John Payne und Dylan McDermott, offenbart das altkluge kleine Mädchen ihm, dass sie schon lange nicht mehr an den Weihnachtsmann glaubt und dass ihre Mutter ihr schon sehr zeitig erklärt hat, dass eine solche Märchenfigur nicht existiert.

Unterdessen sorgt Mr. Kringel bei Macy’s bzw. Cole für ein wahrlich traumhaftes Weihnachtsgeschäft. Die Kinder lieben den weißbärtigen, alten Mann, der von sich selbst behauptet, er sei der wahrhaftige Weihnachtsmann. Jedes Kind möchte einmal im Kaufhaus auf seinem Schoß sitzen und ihm die eigenen Weihnachtswünsche überbringen. Kris kann alle Sprachen dieser Welt sprechen, so unterhält er sich im Original mit einem dänischen Adoptivkind in dessen Muttersprache und im Remake mit einem taubstummen Mädchen in Gebärdensprache. Nichts ist unmöglich. Als Susan die Szene beobachtet, lässt auch sie sich allmählich von der Existenz des Weihnachtsmannes überzeugen. Auch sie verrät ihm später ihre Wünsche. Im Original wünscht sie sich ein Haus mit Garten, im Remake ein Haus und eine „richtige“ Familie mit einem Vater und einem Brüderchen. Im weiteren Verlauf erzählt Kris den Eltern der Kinder im Kaufhaus, wo man welches Geschenk am kostengünstigsten erhalten kann, ohne dabei darauf zu achten, dem „eigenen“ Kaufhaus evtl. das Geschäft zu vermasseln. Davon bekommt schließlich auch der Abteilungsleiter Wind und zettelt Kringles bei der Geschäftsleitung (im Original bei Mr. Macy persönlich!) an. Die ist von Kringles Uneigennützigkeit widererwarten hellauf begeistert, suggeriert dieser den Käufern damit doch das Gefühl von Vertrautheit und Nächstenliebe. Im Unterschied zum Original spielt im Remake die Kaufhauskonkurrenz eine größere Rolle, die ihren Plan, das angeschlagene Unternehmen Cole zu erwerben, nun durch den neuerlichen Aufschwung in Gefahr sieht. So schmieden sie mit Hilfe des zu Beginn entlassenen und frustrierten Weihnachtsmannes den Plan, Kringle durch eine Intrige ins Gefängnis zu bringen und einen psychologischen Test zu erwirken, der beweisen soll, dass Kris geistesgestört ist. Im Original sorgt der Abteilungsleiter Mr. Shellhammer (Philip Tonge) dafür, dass Kris Kringle dem Kaufhausarzt Granville Sawyer (Porter Hall) vorgestellt wird, der ihn tatsächlich für unzurechnungsfähig hält und ihn in die Psychatrie einweist.

In beiden Filmen ziehen Doris’/Doreys Nachbar und Verehrer Fred/Bryan, der als Anwalt tätig ist, und Kris vor Gericht, um der Welt – allen voran natürlich Doris/Dorey und Susan – endgültig zu beweisen, dass es den Weihnachtsmann wirklich gibt und Kris nicht verrückt ist. Die Beweisführung weicht in der 1994er Version ein wenig vom Original ab. Zunächst scheint die Lage für den Beklagten eher aussichtslos. Zwar würde der Richter (Robert Prosky) zu gerne für Kris Kringle und die Existenz des Weihnachtsmannes plädieren, sieht sich jedoch als Vertreter des Rechts in der Pflicht, den stichhaltigeren Beweisen der Anklage Rechnung zu tragen. Kurz vor Verkündigung des Urteils überreicht Susan dem Richter jedoch eine Weihnachtskarte, zusammen mit einem 1-Dollar-Schein. Auf diesem ist „In God we trust“ rot eingekreist und der Richter weiß nun, was zu tun ist. Er plädiert mit dem Verweis auf die in der amerikanischen Verfassung verankerte Bezugnahme auf Gott und synonym dafür auf alle ungreifbaren Wesen dieser Erde auf „Nicht Schuldig“. Im Original geht es da weniger pathetisch zu: Den Beweis, dass der Weihnachtsmann in der Gestalt des Kris Kringle wirklich existiert, erbringen hier tausende und abertausende an selbigen adressierte Weihnachtsbriefe, die bei der staatlichen Post für Kris Kringle gesammelt wurden.

Sowohl im Original als auch im Remake erfüllen sich Susans Wünsche von einem Haus und einer Familie. In der Version von 1994 fädelt Kris eine Spontanhochzeit der beiden Turteltauben Dorey und Bryan ein und organisiert ein Traumhaus als Weihnachtsprämie für Dorey. Nur auf das Brüderchen muss Susan noch warten. Im Original entdeckt das Mädchen auf einer Autofahrt „ihr“ Haus. Doris und Fred entscheiden sich kurzerhand, das Haus zu kaufen. Und was sehen sie da in einer Ecke des Wohnzimmers? Natürlich: den Gehstock von Kris Kringle alias Christ Kindle.

Mein Fazit:

Welcher Film mir nun besser gefallen hat, kann ich gar nicht sagen. Schon allein deswegen nicht, weil ich das Remake im Unterschied zum Original gefühlte 100 Mal gesehen habe. Letzteres kommt ursprünglich im wunderbar nostalgischen Schwarz-Weiß daher und ist schon deshalb absolut sehenswert. Aber auch die nachkolorierte Fassung (ebenfalls auf der DVD enthalten), ist außerordentlich gut gelungen und hat mir fast noch besser gefallen. Kris Kringle ist in der Version von ’47 zwar etwas klein geraten, trotzdem ist er aufgrund seiner Physiognomie der authentischere Weihnachtsmann (wobei der Vergleich auf einem hohen Niveau angesiedelt ist^^). Überhaupt finde ich, dass der Begriff „authentisch“ den gesamten Film sehr gut beschreibt. Die Dialoge gefallen mir hier besser als im Remake. Die Botschaften sind direkter und an vielen Stellen auf den Punkt gebracht. Ganz besonders gut gefällt mir die Szene, in der Fred Doris versucht zu erklären, warum es wichtig ist, manchmal einfach auf sich oder andere zu vetrauen (sprich: zu glauben): Vertrauen heißt glauben an Dinge, die  die Vernunft verneint. Hier steht nicht Christ allein vor Gericht. Er verkörpert Liebe, Güte und vieles andere Ungreifbare. Aber auch das Remake kann an dieser Stelle einigermaßen mithalten. Nur ist es hier Kris, der versucht Dorey zu „bekehren“: …Und wenn Sie überhaupt nichts allein durch Glauben anerkennen, dann sind Sie verurteilt zu einem Leben, dass durch Zweifel beherrscht wird. In der neueren Version gefällt mir Susan eindeutig besser. Sie ist hier zwar ebenso altklug wie im Original, erscheint aber dafür weniger resigniert und ist um Längen gewitzter und charmanter. Ein weiterer Pluspunkt ist der tolle Soundtrack von Bruce Broughton, ohne den der Film wohl nur halb so schön wäre. Auch die Kostüme sind großartig und absolut zeitlos. Betrachtet man die Schlussbeweisführung im Gericht, gefällt mir eindeutig die atheistische und weniger amerikanisierte Originalfassung besser. Beim Ende des Films kann wiederum die Neuverfilmung punkten. Alles in allem bieten sich die beiden Filme ein sichtlich scharfes Kopf-an-Kopf-Rennen und sind (schon allein aufgrund ihrer unterschiedlichen Enstehungszeiten und der damit verbundenen technischen und gestalterischen Umsetzung) beide absolut daseinsberechtigt.

Alle Daten noch einmal im Überblick:

2242549,bZ3RBvcv7iTnlDT1dWFek3K_JcYAnoZ6kDc6iwKB5Ld0RBN5mzBRRxQi6UMyhfhYngDK1tyCq69kIE0Vls0ppQ==Cast & Crew:

Regie: George Seaton

Schauspieler: u.a. Edmund Gwenn, Maureen O’Hara, Natalie Wood, John Payne

Verleih: Twentieth Century Fox

Spieldauer: 92 Min.

Das_Wunder_von_Manhattan_178980_0Cast & Crew:

Regie: Les Mayfield

Schauspieler: u.a. Mara Wilson, Richard Attenborough, Elizabeth Perkins, Dylan McDermott

Verleih: Twentieth Century Fox

Spieldauer: 114 Min.