Von fremden Galaxien und einer Menge Getöse

Interstellar

Quelle: moviepilot.de
Quelle: moviepilot.de

Eigentlich habe ich mich schon seit Beginn des Jahres auf den neuen Nolan-Streifen gefreut, aber ich hätte spätestens nach Inception (2010) ahnen können, was da auf mich zukommt. Meine Kinobegleitung hat mich im Anschluss daran und in Anbetracht der Tatsache, dass ich eine Review dazu schreiben muss, zutiefst bedauert… und ich mich auch. Zum Glück sind nach der Sichtung nun schon ein paar Tage ins Land gegangen, sonst sähe ich mich außer Stande, klar zu denken, geschweige denn etwas Sinnvolles von mir zu geben. Nun denn, dann wage ich mal einen Versuch.

Wir befinden uns in der 2. Hälfte des 21. Jahrhunderts: Die Welt ist im Begriff unterzugehen. Überall wüten Naturkatastrophen – natürlich vor allem in den USA – und die Nahrungsmittel werden knapp. Menschen gibt es auch nicht mehr allzu viele und die wenigen, die es noch gibt, versuchen sich im Maisanbau, in einer Region, die von Sandstürmen geprägt ist. Einer dieser Farmer ist Cooper (Matthew McConaughey). Vorname unbekannt. Eigentlich ist er auch gar kein Farmer, sondern ehemaliger NASA-Astronaut. Zusammen mit seiner Tochter Murphy (Mackenzie Foy/ Jessica Chastain), Sohn Tom (Timothée Chalamet/ Casey Affleck) und Großvater Donald (John Lithgow) lebt er in einem typischen Farmerhaus, vermutlich irgendwo im Süden der USA. Die zehnjährige Murphy, ebenso schlau wie ihr Vater, entdeckt in ihrem Bücherschrank eine Art Morsecode, der einen Koordinatenschlüssel enthält. Dieser führt Vater und Tochter an einen streng geheimen Ort – den Sitz der NASA. Vom Staat wegen zu hoher Kosten verboten, operiert die NASA nur noch im Untergrund. Leiter Professor Brand (Michael Caine) arbeitet bereits seit Jahrzehnten an einer Theorie, die Quantenmechanik und Relativität zusammenführen soll, um die aussterbende Menschheit mittels Wurmloch in eine neue Galaxie und damit zu einem anderen Planeten zu transportieren. So lautet zumindest Plan A. Gelingt es dem Professor nicht, diese Gleichung zu lösen, tritt Plan B in Kraft, der lediglich vorsieht, gefrorene und befruchtete menschliche Eizellen zu transportieren und auf einem neuen Planeten aufzuziehen. Brand sieht in Cooper den perfekten Astronauten zur Ausführung seiner Pläne und schickt ihn mit der „Endurance“ auf Mission. Begleitet von Brands Tochter Amelia (Anne Hathaway), zwei weiteren Wissenschaftlern und den beiden Robotern TARS und CASE, reist die Manschaft zu „Gargantua“, dem größten aller schwarzen Löcher, um neue Welten zu erkunden. Was dahinter alles passiert, entzieht sich der menschlichen Vorstellungskraft…

Interstellar wartet mit großen Bildern, einem überwiegend durchdachten, hochkomplexen Drehbuch und jeder Menge guten Schauspielern auf, konnte mich aber dennoch nur mäßig begeistern. Tolle Bilder sind nicht alles, wenn ich als Zuschauer irgendwann nicht mehr weiß, wie ich noch sitzen soll. Insbesondere die zweite Hälfte des Films zieht sich wie Kaugummi. Überhaupt sind knapp 3 Stunden Spielzeit definitiv zu viel des Guten. Generell. Da kann auch Nolan nichts dran ändern. Der verstrickt sich dabei nämlich so sehr in seinen Theorien von schwarzen Löchern, Gravitation und Relativität, dass eine Sequenz eine halbe Ewigkeit dauert. Sowieso scheint er es mit der Raumzeit und deren Verschiebungen etwas zu genau zu nehmen – da gab es, man verzeihe mir bitte den Wortwitz, nicht nur im Film riesige Abweichungen. Für meinen Geschmack hätte rigoros gekürzt werden müssen, denn diese endlos langen und viel zu lauten Sequenzen haben mir zunehmend den Spaß an der Sache verdorben. Abgesehen von der Länge, konnte natürlich auch ich mich der Faszination Weltraum nicht entziehen. Diese Begeisterung vermag der Regisseur und seine Crew wirklich zu vermitteln, einen gar damit anzustecken. Mein Sitznachbar hat es in regelmäßigen Abständen in folgende Worte, nein, in folgendes Wort gekleidet: „Krass, krass… kraaass.“ Ja, so unrecht hat er damit tatsächlich nicht – diese fremde „Welt“ ist durchaus der Wahnsinn und trotz ständiger Bemühungen des Films, die Dinge zu erklären, einfach unbegreiflich. Wurmlöcher, Zeitdilatationen, Ereignishorizonte – das sind alles Dinge, die für einen normalen Erdenbürger unvorstellbar und wahnsinnig beeindruckend sind. Dieses Gefühl transportiert Interstellar bis zum Schluss, auch wenn ich die abschließende Auflösung um die anfänglichen Morsezeichen dann doch irgendwie als unbefriedigend empfinde, weil das nun wirklich kein Mensch verstehen kann. Auch die seltsame Oklahoma-Szenerie auf einem der Raumstationen gegen Ende hätte wirklich nicht sein müssen, genauso wie das amerikanische Zuckergussende, das den sonst so ehrgeizigen Versuch, intelligentes und gleichsam unterhaltsames Popcornkino zu machen, leider entwertet. Alles in allem fällt mein Urteil also durchwachsen aus. Ein bisschen weniger Verbissenheit und Großspurigkeit, dafür aber ein wenig mehr Leichtigkeit und Fingerspitzengefühl hätten dem Film sicher nicht geschadet.   fg

Quelle: moviepilot.de
Quelle: moviepilot.de

GB/USA 2014

Produktion: u.a. Warner Bos., Paramount Pictures

Regie: Christopher Nolan

Schauspieler: u.a. Matthew McConaughey, Anne Hathaway, Michael Caine, John Lithgow, Jessica Chastain

Lief an am: 06.11.2014

Genre: Science Fiction, Drama

Laufzeit: 169 Min.

Oscar Update – Die haben’s gemacht

<> on October 19, 2009 in Santa Clarita, California.
Quelle: indiewire.com

Ich habe es tatsächlich geschafft und mir die letzte Nacht um die Ohren geschlagen, um den 86. Academy Awards beizuwohnen. Dass sie wider Erwarten wie im Flug verging, lag – neben so tollen Laudatoren wie Whoopi Goldberg und Bill Murray – höchstwahrscheinlich an Amerikas witzigster Talkmasterin Ellen DeGeneres, die den Zuschauer durch spannende und gleichermaßen unterhaltsame vier Stunden geleitete. Auch dieses Jahr wurde wieder viel geboten. Immer wieder wurde die Sitzfleisch in Anspruch nehmende Veranstaltung durch entertainmentreiche Einschübe aufgelockert. So verteilte Ellen DeGeneres an das hungrige Publikum im Saal vermeintlich kostenlose Pizza und schoss Selfies mit den Stars in der ersten Reihe, um später damit auf Facebook protzen zu können. Live Acts wie Pharrell Williams mit „Happy“ (Ich – Einfach unverbesserlich 2), U2 mit „ Ordinary Love“ (Mandela – Long Walk To Freedom), Karen O mit „Let It Go“ (Die Eiskönigin) oder Pink mit einer Adaption von „Somewhere Over The Rainbow“ (anlässlich des 75. Jubiläums von Wizard of Oz) brachten zusätzlichen Schwung ins berühmte Dolby Theatre in Hollywood, L.A.

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Quelle: people.com

Jetzt aber mal zum spannendsten Teil des Abends: Wer hat’s gemacht? Abräumer des Abends war Gravity, der sage und schreibe sieben (!) von zehn Oscars einheimste. In Kürze folgt dazu auch eine Filmbesprechung, die längst überfällig ist. Die großen Verlierer hingegen waren American Hustle und The Wolf of Wallstreet, die beide absolut leer ausgingen. Keine große Überraschung war der Oscar für die beste Hauptdarstellerin, der an Cate Blanchett für ihre Performance in Blue Jasmine ging. Außerordentlich gefreut habe ich mich für Jared Leto und Matthew McConaughey, die den Goldjungen in den Kategorien „Bester Nebendarsteller“ und „Bester Hauptdarsteller“ mit nach Hause nehmen durften. Ziemlich bitter zwar für Leonardo DiCaprio, bei dem es zum wiederholten Male nur für eine Nominierung reichte, aber that’s life. Ebenfalls gefreut habe ich mich über die zwei verdienten Oscars für The Great Gatsby, der wundersamerweise noch nicht in Vergessenheit geraten ist. Kostüme und Szenenbild waren hier einfach unschlagbar. Die Trophäe für den besten fremdsprachigen Film ging zum 11. Mal an Italien (The Great Beauty). 12 Years a Slave wurde hoch gehandelt, erhielt jedoch insgesamt nur drei Oscars, dafür jedoch in drei der wichtigsten Kategorien: „Bester Film“, „Bestes adaptiertes Drehbuch“ und „Beste Nebendarstellerin“. By the way, von letzterer – der süßen Kenianerin Lupita Nyong’o, die an diesem Abend die ergreifendste Rede gehalten hat – werden wir in Zukunft wohl noch viel hören.   fg

Die Oscarvergabe in chronologischer Reihenfolge:

  1. Bester Nebendarsteller: Jared Leto – Dallas Buyers Club
  2. Bestes Kostümdesign: The Great Gatsby – Catherine Martin
  3. Bestes Makeup: Dallas Buyers Club – Adruitha Lee, Robin Mathews
  4. Bester animierter Kurzfilm: Mr. Hublot – Laurent Witz, Alexandre Espigares
  5. Bester Animationsfilm – Frozen (Die Eiskönigin)
  6. Beste Spezialeffekte: Gravity – Tim Webber, Chris Lawrence, David Shirk, Neil Corbould
  7. Bester Kurzfilm: Helium – Anders Walter, Kim Magnusson
  8. Bester Dokumentar-Kurzfilm: The Lady in Number 6: Music Saved My Life – Malcolm Clarke, Nicholas Reed
  9. Bester Dokumentarfilm – 20 Feet from Stardom – Morgan Neville, Gil Friesen, Caitrin Rogers
  10. Bester fremdsprachiger Film: The Great Beauty – Italien
  11. Bester Ton: Gravity – Skip Lievsay, Niv Adiri, Christopher Benstead, Chris Munro
  12. Bester Tonschnitt: Gravity – Glenn Freemantle
  13. Beste Nebendarstellerin: Lupita Nyong’o – 12 Years a Slave
  14. Beste Kamera: Gravity – Emmanuel Lubezki
  15. Bester Schnitt: Gravity – Alfonso Cuarón, Mark Sanger
  16. Bestes Szenenbild: The Great Gatsby – Catherine Martin, Beverley Dunn
  17. Beste Filmmusik: Gravity – Steven Price
  18. Bester Filmsong: Frozen (Die Eiskönigin) – “Let It Go” – Musik und Text: Kristen Anderson-Lopez, Robert Lopez
  19. Bestes adaptiertes Drehbuch: 12 Years a Slave – John Ridley
  20. Bestes Drehbuch: Her – Spike Jonze
  21. Regie: Gravity – Alfonso Cuarón
  22. Beste Hauptdarstellerin: Cate Blanchett – Blue Jasmine
  23. Bester Hauptdarsteller: Matthew McConaughey – Dallas Buyers Club
  24. Bester Film: 12 Years a Slave