Altdöberner Parksommerträume – Ein kurzer Nachbericht
Ahoi! Ich melde mich mal wieder zu Wort. Bin noch immer unter den Lebenden, falls schon jemand Bedenken hatte. Neulich war ich mal wieder in der Heimat, vor allem deshalb, weil es zwar nicht extrem, aber doch ziemlich warm war und wir da den allerschönsten aller schönen Seen vor der Nase haben; zum anderen, weil in Teilen Frankens mal wieder Feiertag war, diesmal zu Ehren „unserer hochheiligen Meisterin, der Gottesgebärerin“ und ihrer „Entschlafung“ oder so ähnlich. Egal, in meinem Teil war also auch Feiertag, also habe ich mein Köfferchen unterm Bett vorgezogen, ein paar Badeklamotten und Bücher reingeschmissen, mich anschließend ins Auto geschwungen und bin ins verlängerte Wochenende gedüst.
Neben gelegentlichen Abkühlungen und einem Sonntag voller Müßiggang, an dem ich mich im Gartenhäuschen verschanzt und NUR gelesen habe (Traum!), galt es vor allem auch, die alljährlich stattfindenden Parksommerträume in Altdöbern zu besuchen. Über das hiesige Schloss habe ich in einem anderen Beitrag schon mal ausführlich berichtet. Um einen Eindruck vom Areal zu bekommen, am besten hier klicken. Weil das Parkfest jedes Jahr ein Highlight in der Region ist und die vielen, vor allem ehrenamtlichen Organisatoren immer wieder aufs Neue Hervorragendes leisten, lohnt sich ein (nicht allumfassender) Nachbericht. „Nicht allumfassend“ deshalb, weil ich schlicht und ergreifend nicht alles gesehen habe.
Dieses Jahr standen die Parksommerträume unter dem Motto „Märchengleich und sagenhaft“. Das ist sinnvoll, weil sich das Schloss mit der Tatsache konfrontiert sieht, dass genau hier vor 40 Jahren das Märchen „Der Meisterdieb“ von der DEFA verfilmt wurde (ebenfalls in meinem Bericht zu lesen). Achtet mal drauf, wenn ihr den Film irgendwann wieder oder vielleicht auch zum ersten Mal schaut. Zu diesem Jubiläum drängt sich ein Revival ja förmlich auf und ein solches sollte auch den Höhepunkt des Wochenendes bilden. Dafür konnte eine Laienschauspielgruppe aus Luckau gefunden werden, die das Märchen schließlich in einer geschlechterübergreifenden Glanzleistung wieder aufleben ließ. Der Herr Baron eine Frau? Ging ganz gut, fand ich. Die traumhafte Originalkulisse tat ihr Übriges. Und wie bestellt, lugte der Mond plötzlich hinterm Mansarddach hervor. Außerdem gab es ein echtes Pferd (das dann später noch auf der „Schlossweide“ stand und im Mondschein ein tolles Bild abgab) und ein mordsmäßig gutes Feuerwerk.
Anschließend bin ich noch gemütlich durch den finsteren Park, dessen Wege mit bunten Teelichtern beleuchtet waren, spaziert, habe die Atmosphäre aufgesogen und versucht sie für „schlechte Zeiten“ zu konservieren. An einer Märcheninsel im Barockgarten konnte man am Neptunbrunnen einem Märchen lauschen und dem Wasser beim Sprudeln zusehen. Wer Lust auf eine Parkführung hatte oder sich lieber bei Livemusik und Bratwurst in geselliger Runde unterhalten wollte, kam an beiden Tagen auf seine Kosten. Ich wollte aber vor allem den Samstagabend genießen. Im Schloss war auch eine Wanderausstellung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zu besichtigen. Unter dem Motto „Seht, welch kostbares Erbe!“ bekam man hier einen Einblick in die Arbeit der DSD, die jedes Jahr rund 460 Denkmalprojekte fördert und in den vergangenen drei Dekaden immens zur Erhaltung wertvoller Bausubstanz beigetragen hat. Inzwischen ist die Ausstellung allerdings weitergewandert, aktuell kann man sie noch bis Anfang Oktober in der Französischen Kirche in Potsdam besichtigen.
Ich bin gerne in Altdöbern und immer wieder gerne auf dem Parkfest, wegen der Ruhe, die hier trotz Festivität herrscht. In Franken wäre so ein Fest gnadenlos überlaufen, die Stimmung wäre futsch. Was nicht heißen soll, dass bei den Altdöberner Parksommerträumen nichts los ist, aber man hat eben noch Luft zum Atmen und so soll es auch sein. Ich habe versucht, den Abend in Handybildern festzuhalten, die schwere Kamera wollte ich nicht mitschleppen. Aber in echt ist es eh immer viel schöner.
Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nahe liegt? – habe ich mir gedacht und meinen diesjährigen Sommerurlaub in heimische Gefilde verlagert. „Heimische Gefilde“ heißt in meinem speziellen Fall Brandenburg (weil ich von dort stamme) und Mecklenburg-Vorpommern (weil ich die Ostsee in- und auswendig kenne). Im Falle meines Freundes bedeutet Heimat Sachsen und Sachsen-Anhalt. Sachsen musste „draußen bleiben“, weil wir uns dort schon sehr gut auskennen. Trotzdem haben wir damit fast den ganzen Osten abgedeckt. Natürlich kann man in zwei Wochen unmöglich all diese Bundesländer in Gänze bereisen, also haben wir uns ein paar Punkte rausgepickt – nach unterschiedlichen Kriterien.
Unsere Reiseroute startete in Senftenberg (Niederlausitz), meiner Heimatstadt – ein guter Ausgangspunkt für alles Weitere. Von hier aus fuhren wir zunächst gen Norden nach Neuruppin (2 Nächte), anschließend ein Stück weiter Richtung Nordosten nach Neustrelitz (1 Nacht), dann in den hohen Norden nach Kückenshagen/ Darß (4 Nächte), im Anschluss darauf wieder etwas Richtung Süden nach Schwerin (3 Nächte) und abschließend nach Wittenberg (2 Nächte). 5 Stationen in 12 Tagen ist ehrgeizig, zumal ja auch immer noch 1-2 Stunden Anfahrtszeit mit eingerechnet werden mussten, aber auf einen Versuch kam es an. Um all das Erlebte noch einmal Revue passieren zu lassen und vielleicht auch ein paar neue Anregungen zu geben, möchte ich euch ein bisschen darüber berichten.
Weil sich endlose Reiseberichte nur sehr zäh lesen, teile ich meinen in 5 Teile. So kann auch ich noch etwas länger in Erinnerungen schwelgen. Heute nehme ich euch mit zur ersten Station, der Schinkel- und Fontane-Stadt Neuruppin.
Station 1:Neuruppin
Nachdem wir es uns zunächst noch bei meinen Eltern bequem gemacht haben, sind wir am Nachmittag des ersten Tages Richtung Norden aufgebrochen. Warum überhaupt Neuruppin? Ich war schonmal beruflich in dieser schönen kleinen Stadt und wollte einfach noch mal hin bzw. wollte, dass meine bessere Hälfte sieht, wovon ich da immer geschwärmt habe. Dazu kommt, dass Brandenburg sozusagen in zwei Lager gespalten ist: Die, die im Süden wohnen und sich im Norden – gemeint ist hier die „Wildnis“ oberhalb von Berlin (Havelland, Prignitz, Uckermark etc.) – nicht auskennen und das Nachbarbundesland Sachsen besser kennen als das eigene, und in die, die eben von dort oben kommen und für die alles unterhalb des Hauptstadtäquators dreckiger, staubiger Tagebau ist. Natürlich ist das ein bisschen zugespitzt, es dürfte sich mittlerweile doch rumgesprochen haben, dass bei uns kaum noch Bagger fahren und überall ganz tolle Seen entstanden sind, eine Urlaubsregion sind wir für den „Norden“ aber deshalb noch lange nicht. Wieso auch, wenn man selbst ungefähr an die tausend Seen vor der Haustür hat und die Ostsee nur einen Katzensprung entfernt ist. Umgekehrt gilt ähnliches. Seen und schöne Landschaften hat man als Südbrandenburger genug, wenn man schon in den Norden fährt, dann richtig und gleich ans Meer. Wir wollten also mit der Wahl unserer ersten Station auch ein bisschen zur Völkerverständigung beitragen.
Untergebracht waren wir im Luisenhof in Molchow – einem Angerdorf nur wenige Kilometer vom Stadtkern entfernt. Ein echter Geheimtipp für alle Ruhesuchenden und Wassersportbegeisterten unter euch. Die Ferienwohnungen befinden sich in einer alten Scheune, die direkt an der natürlichen Verbindung zwischen den beiden länglichen Seen Molchowsee und Tetzensee liegt und über einen herrlichen Garten mit eigener Bade- und Anlegestelle für Kanus und Kleinboote verfügt. Überhaupt hat dort jedes Haus auch eine eigene Anlegestelle. Ein Traum. Traumhaft ist auch, dass der Besitzer der Ferienwohnungen Fahrräder und Kanus jedem Gast kostenlos zur Verfügung stellt. Habe ich auch noch nicht erlebt. Der Besitzer selbst wohnt im Haus vor der Scheune – einem typischen traufständigen Wohngebäude mit klassizistischer Schaufassade, wie man es so fast nur auf den Dörfern in Nordbrandenburg findet. Die Atmosphäre ist familiär (auch ein paar Hausziegen gehören zu den Hofmitbewohnern), trotzdem ist man für sich und die Wohnungen sind modern und wirklich top ausgestattet.
Leider waren wir zu kurz da, um Kanu zu fahren, aber wir haben die Fahrräder genutzt und sind mit ihnen nach Neuruppin geradelt. Die beiden Seen, von denen ich gesprochen habe, münden weiter südlich in den ebenfalls schlauchförmigen Ruppiner See, an dem – Überraschung – Neuruppin liegt. Dort angekommen, haben wir uns erstmal einen Überblick über die Stadt verschafft. Man kann alles zu Fuß erlaufen, gar kein Problem. Wer mit dem Auto in die Stadt will, findet schnell einen Parkplatz. Am besten, man parkt in der Schinkelstraße neben dem Kirchplatz (St. Marien) mit dem Schinkel-Denkmal. Das klingt verwinkelt, ist es aber gar nicht. Im Gegenteil, wer die Stadt zum ersten Mal sieht, ist erstaunt über die vielen weitläufigen Plätze, stattlichen Häuser und das rechtwinklig angelegte Straßennetz. Genau darin besteht Neuruppins Besonderheit. In Folge eines verheerenden Flächenbrandes im Jahre 1787, der nahezu alle mittelalterlichen Strukturen dem Erdboden gleichgemacht hat, entstand in 15 Jahren Wiederaufbau eine einheitlich geplante Stadt im frühklassizistischen Stil, die bis heute als Musterbeispiel klassizistischer Städtebaukunst gilt. Die Stadt lädt geradezu zum Schlendern und Verweilen ein und man fühlt sich dabei schnell an das schöne Potsdam erinnert.
In der Siechenstraße und anderen Teilen des sog. Seeviertels nahe der Seepromenade bekommt man ein Gefühl dafür, wie es in Neuruppin vor dem Brand einmal ausgesehen haben muss. Hier sind vor allem das Siechenhospital und Teile der ehemaligenStadtmauer und Klosterkirche St. Trinitatis erhalten geblieben.
Wenn von Neuruppin die Rede ist, dürfen auch die zwei großen Söhne der Stadt nicht unerwähnt bleiben. Das ist zum einen Theodor Fontane, ein bedeutender Vertreter des poetischen Realismus‘ (* 30.12.1819 in Neuruppin, † 20.09.1898 in Berlin), der dem gemeinen Brandenburger von heute selbstverständlich ein Begriff ist, weil er mit „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ eine Art Reiseführer und Liebeserklärung an die Heimat verfasst hat. Jedes Kind kommt früher oder später mit Fontane in Berührung, da geht im Sach- und Heimatkundeunterricht kein Weg dran vorbei. Aber auch über die Grenzen Brandenburgs hinaus dürften Fontane und seine unzähligen Romane, Novellen und Erzählungen bekannt sein. Nummer zwei in der Runde der wichtigsten Persönlichkeiten Neuruppins ist Karl Friedrich Schinkel (* 13.03.1781, † 09.10.1841). Unter Architekten, Kunsthistorikern und Denkmalpflegern wird er als eine Art Gott verehrt, weil er das architektonische Erscheinungsbild Preußens wie kein zweiter geprägt hat. Als wahres Multitalent entwarf er meisterhaft schöne Gebäude wie das Berliner Schauspielhaus am Gendarmenmarkt, die Friedrichwerdersche Kirche (ebenfalls in Berlin) oder die Römischen Bäder in Potsdam. Außerdem war er Maler, Designer, Bühnenbildner, Architekturtheoretiker… und verwies als einer der ersten Denkmalpfleger darauf, wie wichtig es ist, Vergangenes zu bewahren und nicht , wie zu seiner Zeit noch durchaus üblich, historische Gebäude entweder „schönzusanieren“ oder verfallen zu lassen. Maßgeblich geprägt wurde Schinkel durch seine Kindheit, in der er den Wiederaufbau seiner Heimatstadt Neuruppin intensiv miterlebte. Was dem Bayer Balthasar Neumann, das ist dem Preußen Karl Friedrich Schinkel.
Wenn ich schon bei großen Persönlichkeiten bin: Auch der „Alte Fritz“(damals noch Kronprinz Friedrich) fühlte sich als Regimentskommandeur in Neuruppin so wohl, dass er im Norden der Stadt einen Garten, damals benannt nach Amalthea – einer griechischen Nymphe, deren abgebrochenes Horn als „Füllhorn“ für den reichen Überfluss steht – anlegen ließ. Heute heißt der auf den Wallanlagen errichtete Garten einfach „Tempelgarten„, denn 1735 ließ Kronprinz Friedrich von seinem Freund Wenzeslaus von Knobelsdorff im Zentrum des Gartens den Apollotempel erbauen.
Besonders schön ist der Garten aber vor allem wegen seiner orientalisch geprägten Architektur im Süden der Anlage. Hier ließ die Kaufmannsfamilie Gentz, die das Areal Mitte des 19. Jahrhunderts kaufte, eine türkische Villa, eine Umfassungsmauer mit orientalischer Formensprache und eine Remise mit stilisiertem türkischen Minarett erbauen. Heute befindet sich in der Villa ein Restaurant mit Café, das für gewöhnlich auch geöffnet ist, bei unserem Besuch jedoch Ruhetag hatte. Trotzdem haben wir uns ziemlich lange im Tempelgarten aufgehalten, weil der Ort etwas Magisches hat – ein Hauch von Tausendundeiner Nacht inmitten klassizistischer Bauten.
Ein Vermerk am Rande: Sehenswert sind u.a. auch die Kulturkirche, das Alte Gymnasium, die Alte Feuerwache, das Fontane-Denkmal und natürlich das Schinkel-Denkmal.
Ein bisschen was essen muss man neben all der Kultur im Urlaub aber auch. Weil das Restaurant im Tempelgarten geschlossen hatte, haben wir uns umorientiert und sind dabei auch fündig geworden. Empfehlen kann ich zum einen Theos Steakhouse – direkt am Bernhard-Brasch-Platz gelegen, gibt es hier sehr frisches und leckeres Essen (auch für Vegetarier und „Wenigfleischesser“ geeignet) – zum anderen das Restaurant im Resort Mark Brandenburg – hier ist es zwar ein bisschen teurer und das Personal wirkte an diesem Tag etwas gestresst, dafür schmeckt der Fisch wirklich ausgezeichnet und die Marinaden sind einmalig. Nach dem Essen sollte man sich in der LUNA LOUNGE zwei Straßen stadteinwärts auf jeden Fall noch einen „Cocktail To Go“ holen (wahlweise kann man es sich dort auch drinnen oder draußen bequem machen) und am Rande des Ruppiner Sees den Abend genießen.