Beginnendes Bewusstsein

Im Labyrinth des Schweigens

Quelle: moviepilot.de
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Es gibt viele Filme und auch Serien über Deutschlands dunkelste Vergangenheit. Meist behandeln sie das Leben im Ghetto oder KZ (Jakob, der Lügner, 1974; Der Pianist, 2002; Der junge im gestreiften Pyjama, 2008), die Flucht vor den Nationalsozialisten (Das siebte Kreuz, 1944; Victor Klemperer – Ein Leben in Deutschland, 1999), die Gehirnwäsche in Nazideutschland (Napola – Elite für den Führer, 2004) oder zeigen die wenigen Menschen, die in einer Zeit kalten Hasses und nackter Angst Solidarität gezeigt haben (Sophie Scholl, 2005; Schindlers Liste, 1993). All diese medialen Zeugnisse sind ohne Frage wichtig und unabdingbar. Wie aber war das Bewusstsein der Menschen in den 1950er Jahren, 10 Jahre nach den Gräueltaten Hitlers und seiner Gefolgschaft – als es mit der deutschen Wirtschaft wieder bergauf ging und man wieder von einem geregelten Alltag der Menschen sprechen konnte? Genau dieser Frage geht Giulio Ricciarelli in seinem Film Im Labyrinth des Schweigens auf den Grund und thematisiert, auf einer wahren Begebenheit basierend, gleichwohl die Vorgeschichte der Frankfurter Auschwitzprozesse, die erst in den 60er Jahren zu einem Abschluss kamen.

Staatsanwalt Johann Radmann (Alexander Fehling) arbeitet noch nicht lange am Frankfurter Gericht, als plötzlich ein Journalist namens Thomas Gnielka (André Szymanski) auftaucht, der einen ehemaligen Wärter in Auschwitz anzeigen will. Sein Freund Simon Kirsch (Johannes Krisch) hat ihn als Lehrer auf einem Schulhof wiedererkannt. Staatsanwalt Walter Friedberg (Robert Hunger-Bühler) will davon nichts hören und schmeißt den Journalisten hochkant raus. Der unbedarfte, weil noch sehr junge Johann Radmann hingegen wird stutzig und will der Sache genauer auf den Grund gehen. Dazu bekommt er Rückendeckung von Generalstaatsanwalt Fritz Bauer (Gert Voss) und begibt sich kurzerhand auf die Suche nach Tätern und Opfern, die als Beweise für die Verbrechen in Auschwitz herangezogen werden können. Dabei ist ihm jedoch noch nicht klar, um welche Art von Verbrechen es sich handelt. Es erweist sich auch als äußerst schwierig, an die entsprechenden Akten zu gelangen, denn selbst die amerikanischen Behörden, die alle Akten mehr oder weniger gut archiviert haben, stellen sich zunächst quer. Als es Radmann schließlich aber doch gelingt, Einblick in die Akten zu erhalten, offenbart sich ihm das ganze Ausmaß der Schandtaten im dritten Reich. Mit Entsetzen begreift er, was eigentlich nicht zu begreifen ist: Eine ganze Nation ist verantwortlich für diese bis dato unaussprechlichen Verbrechen. Radmanns erklärtes Ziel ist sämtliche Auschwitz-Funktionäre endlich dingfest zu machen und ein völlig neues Bewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen. Eine jahrelange Sisyphusarbeit beginnt, bei der er immer wieder an seine Grenzen stößt.

Ricciarelli gibt eine ganz andere Sicht auf die Dinge, eine, die über das übliche Schulwissen hinausgeht. Denn was hat man damals im Unterricht gelernt? Da war die Rede von den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen, die bis heute als vorbildhaft gelten, aber doch nur exemplarisch sind. Bei diesen so berühmten Prozessen wurde ja lediglich Hitlers oberstes Gefolge an den Pranger gestellt und verurteilt, nicht aber die vielen „kleinen“ Leute, die in Auschwitz ihr Unwesen trieben. Und auch mit deren Verhaftung war die Sache natürlich noch lange nicht gegessen. Im Labyrinth des Schweigens zeigt eindrücklich, wie der Prozess der Vergangenheitsbewältigung Mitte der 50er Jahre neu ins Rollen gebracht wurde und dass wir es wahrscheinlich Johann Radmann, verkörpert durch den exzellenten Alexander Fehling, zu verdanken haben, dass in der Bevölkerung endlich ein neues Bewusstsein abseits der heilen Welt zu entstehen begann. Mit diesem Bewusstsein leben wir heute ganz selbstverständlich, nämlich nicht zu verdrängen, sondern zu erinnern, um einer Entwicklung wie damals entgegenwirken zu können und solch menschenfeindlichem Gedankengut niemals wieder Raum zu geben. Das Labyrinth des Schweigens ist ein hervorragender, feinstens ausnuancierter Historienfilm, den es sich in jedem Fall anzuschauen lohnt.  fg

Quelle: moviepilot.de
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DE 2014

Produktion: Universal Pictures Germany

Regie: Giulio Ricciarelli

Schauspieler: u.a. Alexander Fehling, Gert Voss, Johannes Krisch

Lief an am: 06.11.2014

Genre: Historiendrama

Laufzeit: 123 Min.

Von fremden Galaxien und einer Menge Getöse

Interstellar

Quelle: moviepilot.de
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Eigentlich habe ich mich schon seit Beginn des Jahres auf den neuen Nolan-Streifen gefreut, aber ich hätte spätestens nach Inception (2010) ahnen können, was da auf mich zukommt. Meine Kinobegleitung hat mich im Anschluss daran und in Anbetracht der Tatsache, dass ich eine Review dazu schreiben muss, zutiefst bedauert… und ich mich auch. Zum Glück sind nach der Sichtung nun schon ein paar Tage ins Land gegangen, sonst sähe ich mich außer Stande, klar zu denken, geschweige denn etwas Sinnvolles von mir zu geben. Nun denn, dann wage ich mal einen Versuch.

Wir befinden uns in der 2. Hälfte des 21. Jahrhunderts: Die Welt ist im Begriff unterzugehen. Überall wüten Naturkatastrophen – natürlich vor allem in den USA – und die Nahrungsmittel werden knapp. Menschen gibt es auch nicht mehr allzu viele und die wenigen, die es noch gibt, versuchen sich im Maisanbau, in einer Region, die von Sandstürmen geprägt ist. Einer dieser Farmer ist Cooper (Matthew McConaughey). Vorname unbekannt. Eigentlich ist er auch gar kein Farmer, sondern ehemaliger NASA-Astronaut. Zusammen mit seiner Tochter Murphy (Mackenzie Foy/ Jessica Chastain), Sohn Tom (Timothée Chalamet/ Casey Affleck) und Großvater Donald (John Lithgow) lebt er in einem typischen Farmerhaus, vermutlich irgendwo im Süden der USA. Die zehnjährige Murphy, ebenso schlau wie ihr Vater, entdeckt in ihrem Bücherschrank eine Art Morsecode, der einen Koordinatenschlüssel enthält. Dieser führt Vater und Tochter an einen streng geheimen Ort – den Sitz der NASA. Vom Staat wegen zu hoher Kosten verboten, operiert die NASA nur noch im Untergrund. Leiter Professor Brand (Michael Caine) arbeitet bereits seit Jahrzehnten an einer Theorie, die Quantenmechanik und Relativität zusammenführen soll, um die aussterbende Menschheit mittels Wurmloch in eine neue Galaxie und damit zu einem anderen Planeten zu transportieren. So lautet zumindest Plan A. Gelingt es dem Professor nicht, diese Gleichung zu lösen, tritt Plan B in Kraft, der lediglich vorsieht, gefrorene und befruchtete menschliche Eizellen zu transportieren und auf einem neuen Planeten aufzuziehen. Brand sieht in Cooper den perfekten Astronauten zur Ausführung seiner Pläne und schickt ihn mit der „Endurance“ auf Mission. Begleitet von Brands Tochter Amelia (Anne Hathaway), zwei weiteren Wissenschaftlern und den beiden Robotern TARS und CASE, reist die Manschaft zu „Gargantua“, dem größten aller schwarzen Löcher, um neue Welten zu erkunden. Was dahinter alles passiert, entzieht sich der menschlichen Vorstellungskraft…

Interstellar wartet mit großen Bildern, einem überwiegend durchdachten, hochkomplexen Drehbuch und jeder Menge guten Schauspielern auf, konnte mich aber dennoch nur mäßig begeistern. Tolle Bilder sind nicht alles, wenn ich als Zuschauer irgendwann nicht mehr weiß, wie ich noch sitzen soll. Insbesondere die zweite Hälfte des Films zieht sich wie Kaugummi. Überhaupt sind knapp 3 Stunden Spielzeit definitiv zu viel des Guten. Generell. Da kann auch Nolan nichts dran ändern. Der verstrickt sich dabei nämlich so sehr in seinen Theorien von schwarzen Löchern, Gravitation und Relativität, dass eine Sequenz eine halbe Ewigkeit dauert. Sowieso scheint er es mit der Raumzeit und deren Verschiebungen etwas zu genau zu nehmen – da gab es, man verzeihe mir bitte den Wortwitz, nicht nur im Film riesige Abweichungen. Für meinen Geschmack hätte rigoros gekürzt werden müssen, denn diese endlos langen und viel zu lauten Sequenzen haben mir zunehmend den Spaß an der Sache verdorben. Abgesehen von der Länge, konnte natürlich auch ich mich der Faszination Weltraum nicht entziehen. Diese Begeisterung vermag der Regisseur und seine Crew wirklich zu vermitteln, einen gar damit anzustecken. Mein Sitznachbar hat es in regelmäßigen Abständen in folgende Worte, nein, in folgendes Wort gekleidet: „Krass, krass… kraaass.“ Ja, so unrecht hat er damit tatsächlich nicht – diese fremde „Welt“ ist durchaus der Wahnsinn und trotz ständiger Bemühungen des Films, die Dinge zu erklären, einfach unbegreiflich. Wurmlöcher, Zeitdilatationen, Ereignishorizonte – das sind alles Dinge, die für einen normalen Erdenbürger unvorstellbar und wahnsinnig beeindruckend sind. Dieses Gefühl transportiert Interstellar bis zum Schluss, auch wenn ich die abschließende Auflösung um die anfänglichen Morsezeichen dann doch irgendwie als unbefriedigend empfinde, weil das nun wirklich kein Mensch verstehen kann. Auch die seltsame Oklahoma-Szenerie auf einem der Raumstationen gegen Ende hätte wirklich nicht sein müssen, genauso wie das amerikanische Zuckergussende, das den sonst so ehrgeizigen Versuch, intelligentes und gleichsam unterhaltsames Popcornkino zu machen, leider entwertet. Alles in allem fällt mein Urteil also durchwachsen aus. Ein bisschen weniger Verbissenheit und Großspurigkeit, dafür aber ein wenig mehr Leichtigkeit und Fingerspitzengefühl hätten dem Film sicher nicht geschadet.   fg

Quelle: moviepilot.de
Quelle: moviepilot.de

GB/USA 2014

Produktion: u.a. Warner Bos., Paramount Pictures

Regie: Christopher Nolan

Schauspieler: u.a. Matthew McConaughey, Anne Hathaway, Michael Caine, John Lithgow, Jessica Chastain

Lief an am: 06.11.2014

Genre: Science Fiction, Drama

Laufzeit: 169 Min.