Ein lange verkanntes Genie

The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben

Quelle: moviepilot.de
Quelle: moviepilot.de

Wir arbeiten uns im Moment so gut es geht durch die Oscarnominierungen und widmen uns heute Morten Tyldums ersten englischsprachigen Film The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben (Originaltitel: The Imitation Game), der auf der Biographie „Alan Turing – Enigma“ von Andrew Hodges basiert und für insgesamt 8 Oscars nominiert ist, u.a. in den Kategorien „Bester Film“ und „Bester Hauptdarsteller“.

Erzählt wird die Geschichte des britischen Mathematikers und Kryptoanalytiker Alan Turing (Benedict Cumberbatch), dem es mit Hilfe einer Handvoll Wissenschaftler in Bletchley Park gelungen ist, ENIGMA – das Verschlüsselungssystem der Deutschen im Zweiten Weltkrieg – zu knacken. Der Fokus liegt dabei jedoch vielmehr auf der Person selbst und der spannenden Frage, wie Turing das scheinbar unmögliche geglückt ist, als auf dem weltpolitische Geschehen. Dieses spielt lediglich am Rande und gibt vor allem den Handlungsrahmen vor. Als Schlüsselmoment spielt besonders Turings Homosexualität eine entscheidende Rolle, die ihm im Großbritannien der 1950er Jahre zum Verhängnis werden sollte.

Bereits 2001 wagte sich Filmemacher Michael Apted auf der Vorlage des Romans „Enigma“ von Robert Harris an das lange unter Verschluss gehaltenen Thema ENIGMA und seine Folgen. Die Kritiken waren gut, der Cast war mit Kate Winslet und Dougray Scott auch erstklassig besetzt. Standen jedoch vor 14 Jahren vor allem die militärgeschichtlichen und geheimdienstlichen Ereignisse nach der Entschlüsselung des ENIGMA-Codes im Vordergrund, wird in The Imitation Game das Leben des zurecht als Genie betitelten Alan Turings gewürdigt, das im Jahr 1999 erstmals geehrt wurde. Posthum, versteht sich. Ebenfalls posthum erfolgte 2013 die Begnadigung des 1952 wegen „grober Unzucht und sexueller Perversion“ verurteilten Wissenschaftlers. Reichlich spät folgt nun also auch das Biopic über den – um korrekt zu bleiben – Urvater unserer aller Lieblingsmaschine, den Computer. Auch diesmal wurde bei der Besetzung nicht gegeizt, Benedict Cumberbatch spielt die Rolle des verschrobenen Genius‘ wie gewohnt souverän und auch Keira Knightley macht sich als Turings „bessere Hälfte“ ganz gut. Trotz oder gar wegen der Mehrfachnominierung für den Oscar, sind die Kritiken nicht ausnahmslos positiv. Der Film wird vor allem wegen vermeintlich historischer Falschdarstellungen bzgl. Turings Anklage und den polizeilichen Ermittlungen gegen ihn kritisiert. Außerdem wäre Turing infolge seiner Taten im Film ein Landesverräter gewesen, was historisch nicht belegt ist. So kurz vor den Oscar-Verleihungen steckt aber vielleicht auch ein gewisses Kalkül hinter diesen Anschuldigungen. Der gelungenen Annäherung an das Thema und dessen Umsetzung, wenn auch in gewohnten Fahrwassern verbleibend, tun solche Kritiken jedoch kaum einen Abbruch. Gemessen an seinen Errungenschaften für die Weltgeschichte, war es wahrlich an der Zeit, das Leben dieses außergewöhnlichen Mannes auf die Kinoleinwand zu bringen. Was das betrifft, haben Morten Tyldum und seine Crew eine solide, wenn auch nicht zwingend oscarreife Leistung abgeliefert.   fg

Quelle: moviepilot.de
Quelle: moviepilot.de

US/ GB 2014

Produktion: u.a. Warner Bros., Black Bear Pictures

Regie: Morten Tyldum

Schauspieler: u.a. Benedict Cumberbatch, Keira Knightley, Matthew Goode

Läuft an am: 22.01.2015

Genre: Drama

Laufzeit: 115 Min.

3 Antworten auf „Ein lange verkanntes Genie“

  1. Schöner Artikel zu dem Thema. Auch ich gehöre zu denen, die mit der Darstellung der einen oder anderen geschichtlichen Aspekte und der Darstellung von Turing nicht voll zufrieden waren. Da gabs schon einige Hollywood-Popcornkino-Aufweichungen des Stoffes, die mir sehr zu denken gegeben haben. V.A. das Turing so schrullig und unsozial dargestellt wird, passt nicht so ganz zu dem was ich früher schon Mal über ihn gelesen und gehört habe.
    Auch dass er als der Urvater der Computer bezeichnet wird, finde ich sehr schwierig. Das wird auch gegen Ende des Films so eingeblendet. Ich schätze mal da stehen auch noch anderen Informatikern die Nackenhaare etwas zu Berge. (Kein Vorwurf – der Film hats mMn ja auch schon fachlich falsch ausgedrückt). Wenn die Filmmacher behauptet hätten, dass er der Vater der Informatik ist, wäre ich eher damit einverstanden. Da ist bei „Father of modern computer science“ wohl das science hinten runtergefallen …

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