Es war einmal ein Schloss irgendwo im nirgendwo…

Schloss und Park Altdöbern

CIMG1191Auch wenn es die Sonne heute nur bedingt schafft, gegen die Wolken anzukämpfen, es wird so langsam, aber sicher Frühling! Und das freut auch mich, obwohl ich den Winter eigentlich mag. Wenn die Winter allerdings weiterhin so schnee- und spaßbefreit sind wie in den vergangenen Jahren,  kann ich auch gern darauf verzichten. Jetzt freue ich mich jedenfalls auf warme, sonnige Tage und die kommende  Ausflugsaison, die ich heute mit einem dazu passenden Beitrag einläuten möchte.

Fernab jeglicher Großstädte, inmitten der Niederlausitz und am südlichen Zipfel Brandenburgs, liegt das idyllische Örtchen Altdöbern. Und hinter einer  großen, stattlichen Baumallee verbirgt sich ein ebenso stattliches Schloss, das sich gar nicht zu verstecken braucht, so schön ist es. Langezeit hatte man es vergessen oder ihm zumindest nicht die Aufmerksamkeit geschenkt, die ihm eigentlich zusteht. Das barocke Anwesen wurde, wie die Mode es verlangte, sehr oft umgestaltet bzw. überformt und hat dementsprechend viel zu erzählen. Basierend auf einem älteren Vorgängerbau aus dem 12. Jahrhundert, wurde der barocke Kernbau 1717/18 vom sächsischen General Alexander Dietrich von Eickstedt errichtet. Das Schloss war von einem Wassergraben und einem quadratisch angelegten Lustgarten umgeben. 1746 wurde die Altdöberner Herrschaft schließlich an den kurfürstlichen Hofküchenmeister Johann Jacob Nöller veräußert. Dessen Schwiegersohn und Erbe Carl Heinrich von Heineken, seines Zeichens Leiter des Dresdner Kupferstichkabinetts und Direktor der Dresdner Museen, ließ seinen Landsitz 1749/50 im Stil des sächsischen Rokoko ausbauen. Umgestaltet wurde das Schloss höchstwahrscheinlich von Johann Christoph Knöffel, dem wichtigsten sächsischen Bauherrn seiner Zeit. Die Dreiflügelanlage wurde um ein Geschoss aufgestockt und mit einem Mansarddach versehen, die Fassade durch eine illusionistische Architekturmalerei gegliedert. Der Garten wurde um das sechsfache vergrößert.

Unter dem neuen Besitzer, dem Grafen und Jurist Dr. Heinrich von Witzleben erhielt das Schloss 1880 seine heutige Gestalt. Witzleben beauftragte das renommierte  Berliner Architekturbüro Kayser und von Großheim mit der umfangreichen historistischen Umgestaltung. Die Hauptfassade wurde neobarock überformt, erhielt eine Sandsteinverblendung und einen dreiachsigen Portikus. CIMG1215CIMG1230An die Schlossflügel wurden rückwertig zwei Neorenaissance-Türme mit Zwiebelhaube angefügt und der Ehrenhof wurde zu einer zweigeschossigen Halle umgebaut und geschlossen.

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Von 1887-1890 errichtete der Altdöberner Baumeister Nicolai nach den Wünschen der Gräfin von Witzleben den eigenständigen östlichen Schlosstrakt in neoromanischen Formen.  Zudem wurde von dem Landschaftsarchitekten Eduard Petzold eine erneute Umgestaltung des Barock- und Rokokogartens vorgenommen. Der Garten wurde zu einem etwa 60 Hektar großen Landschaftspark mit interessanten Sichtachsen, einem Salzteich und Gartenpavillons erweitert. Das Heckentheater und der Französische Garten blieben jedoch unangetastet.

Im 20. Jahrhundert fand ein häufiger Besitzerwechsel aufgrund der Kriegswirren und wechselnder politischer Systeme statt. Der jüdische Zigarettenfabrikant Eugen Laib Garbáty, der das Anwesen 1917 erwarb, musste es bereits 1938  wieder verkaufen, weil er bei Ausbruch des Krieges in die USA immigrierte. Nachdem das Schloss nach Ende des Zweiten Weltkrieges von den russischen Besatzern geplündert wurde, ging es in die Rechtsträgerschaft der Gemeinde über und wurde 1946 an die Caritas vermietet. Es folgte die Nutzung als Waisenhaus, Kinderheim und Altenheim. Langezeit waren jedoch die Besitzverhältnisse des Schlosses nicht eindeutig geklärt, sodass die Caritas den Standort aufgeben musste. Danach waren Schloss und Park dem Verfall preisgegeben, abgesehen davon, dass die Bausubstanz ohnehin schon marode war. Genutzt wurde das Schloss zuletzt 1976 – als Kulisse des DEFA-Märchenfilms Der Meisterdieb.

DEFA-Film "Der Meisterdieb" Quelle: icestorm.de
Eine Szene aus dem DEFA-Film „Der Meisterdieb“
Quelle: icestorm.de

Und  dennoch gibt es ein Happy End für das Schloss: Seit Beginn der 90er Jahre ist das Anwesen in Besitz der Brandenburgischen Schlösser GmbH und wird seitdem langsam, aber stetig restauriert. Gut Ding will schließlich Weile haben. Die alte Orangerie aus dem 19. Jahrhundert ist vollständig wieder hergestellt und ist seit 2012 ein gemütliches Café mit Garten, das zum Feiern oder Verweilen einlädt. Der Kuchen dort schmeckt ausgezeichnet! Nach einem kleinen Abstecher in die alte Orangerie, lohnt es sich auf jeden Fall, einen ausgedehnten Spaziergang durch den weitläufigen Schlosspark (hin zum Schlossteich) zu unternehmen, der dank engagierter Gärtner und der Jugendbauhütte mehr und mehr zu seiner alten Form zurückfindet.

Collage Altdöbern

Das Innere des Schlosses ist bisher nur beim alljährlich stattfindenden Parkfest „Parksommerträume“ zu besichtigen, das auch in diesem Jahr im August wieder stattfinden wird. Auch die Restaurierung der Prunkräume im Obergeschoss ist nun fast abgeschlossen, sodass sie voraussichtlich im September der Öffentlichkeit zugängig gemacht werden können. Dann folgen hier auch ein paar Fotos von innen. Bis dahin spaziere ich so noch ein bisschen durch den Schlosspark und genieße den Frühling.   fg

Fotos © Franziska Gurk

Öffnungszeiten

Der Park ist frei zugänglich.

Eintritt

Zugang zum Park frei.

Adresse & Kontakt

Am Park, 03229 Altdöbern

Tel.: 035434 433

 

Ein Stück Kinogeschichte

Filmtheater Weltspiegel Cottbus

Foto © Franziska Gurk
Foto © Franziska Gurk

Mitten in der Lausitz, im Herzen von Cottbus gelegen, steht der zweitälteste reine Kinozweckbau Deutschlands – eine einzigartige Symbiose aus Jugendstil und Moderne. Über 100 Jahre prägt der eindrucksvolle Bau des Architekten Paul Thiel nun schon die Cottbuser Innenstadt, Ecke Breitscheid-Straße/Roßstraße, wenn auch nicht durchgängig Filme gezeigt wurden. Heute wie damals beeindruckt das Filmtheater vor allem durch seine konvexe Schaufassade, die durch einen Mittelrisalit mit thronender Attika und Schriftzug, Jugendstil-Elemente an den Pilastern und dem Traufgesims sowie zwei einladende und kassettierte Rundbogenportale gekennzeichnet ist. Für mich ist der Weltspiegel naturgemäß das schönste aller Kinos – nicht nur in der Region, sondern weit darüber hinaus. Wann immer ich kann und gerade mal wieder für ein paar Tage in der Heimat bin, fahre ich nach Cottbus in den Weltspiegel, weil es ein ganz anderes Gefühl ist, in diesen ehrwürdigen alten Hallen dem Cineasmus zu frönen als in einem nichtssagenden Multiplex.

Nach einer einjährigen Sanierungsphase öffnete das Lichtspielhaus noch vor seinem 100. Geburtstag im Juni 2011 wieder seine Pforten und erstrahlt seitdem in neuem Glanz. Zum neuen Konzept gehören die Restaurierung und Wiederherstellung der alten Fassade, des großen Saals und des Treppenhauses sowie die Neugestaltung des Foyers. Zudem wurde das Kino durch einen neuen Anbau in moderner Formensprache erweitert, der Platz für 2 weitere Kinosäle, ein Kinocafé und eine neue Sanitäranlage bietet. Obendrein gibt es eine Sommerdachterrasse, auf der man bei einem Käffchen wunderbar den Blick über die Stadt schweifen lassen kann.

Fotos © Franziska Gurk
Fotos © Franziska Gurk

Der große Saal bildet noch immer das Kernstück des gesamten Gebäudes. Im vergangenen Jahrhundert mehrmals umgestaltet, wurde er 2010/11 wieder in den Zustand der 1920er-Jahre zurückversetzt. Dazu war vor allem eine umfangreiche Restaurierung der Kassettendecke erforderlich. Die zwei obersten Farbfassungen, ein weißer und ein darunter liegender pastellgrüner Anstrich, wurden mühevoll entfernt, um die Goldbronze-Fassung aus den 20ern und mit ihr die ornamentale Art-déco-Gestaltung wieder aufleben zu lassen. Außerdem lässt sich das Teleskoppodest mit den nunmehr neu aufgearbeiteten Kinositzen einfahren, sodass der Raum auch für Tanzveranstaltungen o.ä. genutzt werden kann.

Fotos © Franziska Gurk
Fotos © Franziska Gurk

Der Altbau und der über Eck angebaute Neubau harmonieren für meinen Geschmack sehr gut miteinander. Es ist besonders das  Zusammenspiel von Alt und Neu, was den Weltspiegel so reizvoll macht. Diese gelungene Symbiose ist vor allem dem Stuttgarter Jungarchitekten Alexander Fehre zu verdanken, der für die gesamte Innengestaltung des Filmtheaters verantwortlich ist. Dabei stehen die warmen Töne des alten Baubestandes im Kontrast zu den kühlen Tönen des Neubaus. Die Verbindung beider Gebäudeteile schafft der edle, metamorphe Teppichboden, die Verwendung gleicher Materialien und Formen und ein durchdachtes Lichtkonzept. All die Mühen wurden 2012 schließlich mit dem Denkmalpflegerpreis des Landes Brandenburg gewürdigt. Getreu dem Motto „Die Mischung macht’s“, ist auch der Spielplan gestaltet. Gezeigt werden sowohl ausgewählte Arthouse- und Independentfilme als auch die großen Blockbuster.

© Franziska Gurk
Fotos © Franziska Gurk

Das „Kino-Experiment“ scheint gelungen zu sein und auch bei den Besuchern anzukommen. Viele Kinogänger, mich eingeschlossen, schätzen die besondere Atmosphäre des Weltspiegels, aber vielleicht sind es immer noch nicht genug. Denn im Oktober dieses Jahres musste der Kinobetreiber frühzeitig Insolvenz anmelden. Dieser versicherte aber unlängst, dass der Kinobetrieb bis auf Weiteres gesichert ist und sich für die Besucher nichts ändern wird. Hoffen wir, dass er Recht behalten und die Finanzsanierung schnell Früchte tragen wird. Es wäre doch mehr als nur schade um dieses gelungen sanierte, geschichtsträchtige Gebäude. Ich müsste sicherlich ein oder zwei Tränchen verdrücken.   fg

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Quelle: baunetzwissen.de