Is this the real life? Is this just fantasy? …Open your eyes…

Das erstaunliche Leben des Walter Mitty

Das_erstaunliche_Leben_des_Walter_Mitty__1_Mein erster Kinobesuch im neuen Jahr erfolgte anlässlich des vielversprechenden neuen Films von und mit Ben Stiller: Das erstaunliche Leben des Walter Mitty (Originaltitel: The Secret Life of Walter Mitty). Die Geschichte ist im Grundsatz einfach und wenig innovativ, aber die Botschaft gefällt mir sehr und kann nicht oft genug in Erinnerung gerufen werden.

Walter Mitty (Ben Stiller) ist nicht gerade das, was man in dieser Welt als „coole Sau“ bezeichnen würde. Eher unauffällig und bescheiden erledigt er Tag für Tag seinen Job beim renommierten „Life-Magazine“. Die Arbeit als leitender Fotoarchivar bewältigt er zwar mit Hingabe, doch die Tristesse des Alltags und das Gefühl, nichts im Leben erreicht zu haben – ein Niemand in einer anonymen Großstadt zu sein – stimmt ihn unzufrieden. Sein Unmut äußert sich regelmäßig in Tagträumereien, die ihn immer wieder die Welt um sich herum vergessen lassen: Hier ist Walter ein Held, springt todesmutig in Hochhäuser, um sie kurzerhand vor einer Bombe zu evakuieren; liefert sich mit seinem unausstehlichen und schmierigen Chef Ted Hendricks (Adam Scott) atemberaubende „Fights“ quer duch die Stadt oder tritt seiner Kollegin und großen Liebe Cheryl (Kristen Wiig) als tougher Polarforscher gegenüber. Schnell wird klar: Walter will mehr vom Leben, aus der Routine ausbrechen und das Leben spüren, traut sich jedoch nicht. Seine Resignation wird perfekt, als er erfährt, dass bald die letzte Print-Ausgabe von Life erscheinen soll und es künftig nur noch einen Online-Auftritt des Magazins geben wird. Im Zuge dessen sollen etliche Stellen gestrichen werde und Walter ist nicht sehr zuversichtlich, dass ausgerechnet er unverzichtbar ist. Die letzte Ausgabe soll ein Foto des bekannten Weltenbummlers und Life-Fotografen Sean O’Connell (Sean Penn) zieren, das dieser in einer letzten Fotoreihe (wie gewöhnlich) an Walter ins Archiv schickt. Doch besagtes Foto fehlt in der Reihe und ist bis auf Weiteres nicht auffindbar. Kurzerhand beschließt Walter, sich auf die Suche nach dem Foto zu begeben. Sean, der sich die meiste Zeit auf der Jagd nach außergewöhnlichen Motiven befindet, ist nicht zu erreichen und so hilft alles nichts: Walter muss seine Spuren zurückverfolgen und nach Grönland reisen. Endlich beginnt er zu leben…

Das erstaunliche Leben des Walter Mitty ist bereits die zweite Kino-Adaption der Kurzgeschichte Walter Mittys Geheimleben des Schriftstellers und Satirikers James Thurber. Bereits 1994 wurde begonnen an einem Remake von Das Doppelleben von Herrn Mitty (Norman Z. McLeod, 1947) zu arbeiten. Zunächst war Jim Carrey für die Hauptrolle vorgesehen. Das Vorhaben zerschlug sich allerdings aufgrund eines Rechtsstreits wieder und erst 2011 wurde ein weiterer Versuch in Angriff genommen das Projekt zu realisieren. Ben Stillers Film erzählt die Geschichte vom tagträumenden Mann, der sich in der Satire von Thurber mit seiner Frau auf dem Weg zum Einkaufen im Auto befindet, sehr frei, mit dem einzigen verbindenden Element der Tagträume. Auch als Remake der Version von 1947 geht der Film seine eigenen Wege und weist nur grobe Parallelen zum Vorreiter auf. Die Satire kommt in Das erstaunliche Leben des Walter Mitty ein wenig kurz, vielmehr geht es um den Aufbruch ins Unbekannte und darum, das Leben am Kragen zu packen und etwas daraus zu machen. Schon das Filmplakat verrät: „Sei kein Träumer, erlebe das Leben“ – es wird kein großes Geheimnis daraus gemacht, was den Zuschauer im Kino erwartet. Ben Stiller inszeniert jedoch nicht nur das Leben eines durchschnittlichen Mannes, der endlich etwas wagt, sondern erstellt ein ganzes Psychogramm unserer (westlichen) Gesellschaft, in der „Selbstfindung“ und „Selbstverwirklichung“ zwei ganz große Worte sind, die den Zeitgeist beschreiben. Stiller trifft damit den Nagel auf den Kopf. Fast jeder kann sich mehr oder weniger mit Walter Mitty identifizieren und versteht den inneren Konflikt zwischen der Sicherheit des Altbekannten und dem Reiz des Abenteuers. Gesellschaftskritisch ist der Film jedoch nicht. Im Gegenteil: Die Botschaft ist eindeutig und lässt keinen Zweifel an dessen Relevanz. Vielleicht geschieht das ganz bewusst. Jeder einzelne sollte an das, was er bisher erreicht hat, anknüpfen. Er sollte versuchen, das Beste daraus zu machen und vor allem darf er niemals stehen bleiben. Dieser Grundsatz gilt wohl für jeden Menschen auf dieser Erde – ob nun in Indien, Amerika oder China. Die Träume unterscheiden sich aber sicher enorm.

Besonders gut gelungen ist der Soundtrack von Theodore Shapiro, der gleichermaßen melancholisch wie lebensbejahend ist und demnächst in mein CD-Regal wandern wird. Eine ebenso gute Leistung haben der Set-Director und künstlerische Leiter David Swayze sowie der Leiter für Animation und visuelle Effekte Guillaume Rocheron erbracht. Besonders gut gefallen haben mir bei Letzterem die Statements, die sich, besonders zu Beginn des Films, auf U-Bahn-Schildern, Straßenzügen oder als Graffity an Häuserwänden plakativ und dennoch subtil (was sich eigentlich auszuschließen scheint) heimlich in den Film mogeln. Die Dialoge waren mir insgesamt zwar oft zu platt, sind jedoch auch nicht das tragende Element des Films. Das erstaunliche Leben des Walter Mitty lebt von den unausgesprochenen Emotionen, großen Bildern und der Liebe zu visuellen Details.   fg

das-erstaunliche-leben-des-walter-mitty-posterUSA 2013

Produktion: 20th Century Fox

Regie: Ben Stiller

Schauspieler: u.a. Ben Stiller, Kristen Wiig, Shirley MacLaine, Adam Scott, Sean Penn, Patton Oswald

Lief an am: 01.01.2014

Genre: Abenteuer, Tragikomödie

Laufzeit: 115 Min.

0 Antworten auf „Is this the real life? Is this just fantasy? …Open your eyes…“

  1. Zugegeben habe ich diesen Beitrag nur wegen des Titels (Hach, Queen…) gelesen; eine schöne Filmrezension! Den Film werde ich mir wohl aber nicht ansehen, da ich weder Ben Stiller sonderlich mag, noch den Film sehr ansprechend finde nach der Rezi. Ich bin im Allgemeinen keine grosse Filmliebhaberin, daher erstaunt das wenig. 🙂

    1. Dankeschön!
      Wenn du Ben Stiller nicht magst, ist das wirklich nicht unbedingt der richtige Film für dich, weil er in so ziemlich jeder Filmsequenz zu sehen ist. Ich sehe ihn ganz gerne, noch lieber mag ich aber seinen Vater Jerry Stiller. Das komödiantische Talent hat er seinem Sohn nur so halb vererbt. Generell ist es aber ein Film, der in jedem Fall ein gutes Gefühl erzeugt und das braucht es ja ab und zu mal.
      PS. Ich bin auch ein großer Queen-Fan und die Zeile passt hier einfach zu gut 😉

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