Dicke Luft im Hinterland

Im August in Osage County

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Quelle: Tobis

Wer denkt, die eigene bucklige Familie sei anstrengend und nervig, sollte sich Im August in Osage County ansehen, denn hier werden definitv andere Maßstäbe gesetzt. Meryl Streep und Julia Roberts geben alles. Fast  bekommt man den Eindruck, als kehrten sie ihr Innerstes nach außen. Nicht revolutionär, aber dafür mit umso mehr Dampf, kommt diese bitterböse Tragikomödie daher und schreit, im wahrsten Sinne des Wortes, nach Aufmerksamkeit.

Es ist staubig im August in Oklahoma – die Luft steht, die Sonne knallt erbarmungslos vom Himmel und das unerträgliche Klima scheint sich auch auf die Gemüter der Familie Weston gelegt zu haben. Das Familienoberhaupt Beverly (Sam Shepard) verschwindet spurlos und seine Frau Violet (Meryl Streep) ist trotz einiger Differenzen zwischen ihr und ihrem Mann krank vor Sorge. Grund genug, den Rest der Familie zu informieren und nach Hause zu ordern. Mehr oder weniger erfreut machen sich die verstreut lebenden Töchter Barbara „Barb“ (Juia Roberts) und Karen (Juliette Lewis) mit ihren Familien auf den Weg in die heimatliche Ödnis zu Mutter Violet und Schwester Ivy (Julianne Nicholson) – bereits hier wird klar, dass in dieser verkorksten Familie irgendwie jeder mit jedem im Clinch liegt. Zu allem Überfluss gesellen sich zu dieser ohnehin schon „netten“ Runde auch noch Mattie  Fae (Margo Martindale), Violets ältere Schwester, ihr Mann Charles (Chris Cooper) und der, allen Anscheins nach, gemeinsame Sohn Little Charles (Benedict Cumberbatch). Schön und gut, nun heißt es also für alle: Augen zu und durch. Doch so leicht macht es Violet ihren Schäfchen nicht. It’s Showtime! Denn nun wird erstmal jedem auf den Zahn gefühlt oder besser – auf die Füße getreten. Mit ihrer Art, frei von der Leber weg alles auszusprechen, was ihr in den Sinn kommt, schafft es die launische (fast schon sadistische und gleichermaßen selbstgeißelnde) Frau nicht nur, so ziemlich jeden Wunden Punkt zu treffen, sondern auch noch bis zur Schmerzgrenze darin herumzubohren. Es kommt, wie’s kommen muss. Alle Kellerleichen finden bedauerlicherweise den Weg ans Tageslicht…

Die Bewertung dieser auf einem mit dem Pulitzer Preis ausgezeichneten Theaterstück basierenden, schwarzen Komödie fällt zugegebenermaßen recht ambivalent aus. Die schauspielerische Umsetzung des Drehbuches ist ohne Frage grandios. Einer Violet Weston möchte ich lieber nicht begegnen und auch der Rest der Sippe kann mir gestohlen bleiben. Aber genau dieses darstellerische Können aller Beteiligten macht es dem Kinogänger in seinem Sessel nicht unbedingt behaglich. Die dunkle Stimmung und staubige Atmosphäre schlägt schnell aufs eigene Gemüt und das Lachen bleibt einem bestenfalls im Halse stecken. Als wäre das nicht alles schon genug, wirken Julia Roberts und Meryl Streep noch dazu ungemein alt und verbraucht. Wer also eine lustige Familien-Klamotte erwartet, kann gleich wieder kehrtmachen – Wohlfühlen nicht erwünscht. Wer sich davon aber nicht beeindrucken lässt und Hollywoodgrößen wie Meryl Streep und Julia Roberts mal in völliger Ekstase erleben will, sollte sich dringend ins Kino begeben, denn so viel schauspielerische Inbrunst bekommt man selten geboten.   fg

 

USA 2013

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Quelle: Tobis

Produktion: George Clooney

Regie: John Wells

Schauspieler: u.a. Meryl Streep, Julia Roberts, Juliette Lewis, Julianne Nicholson, Benedict Cumberbatch, Ewan McGregor

Lief an am: 6.3.2014

Laufzeit: 121 Min.

Genre: Tragikomödie

0 Antworten auf „Dicke Luft im Hinterland“

  1. „Als wäre das nicht alles schon genug, wirken Julia Roberts und Meryl Streep noch dazu ungemein alt und verbraucht.“

    – Ich fand, sie wirken einfach mal richtig „echt“. Nicht aufgepimpt. Das fand ich ganz großartig. Ich wüsste nicht, wann mich Julia Roberts zuletzt (oder überhaupt) derart überzeugt hat.

    1. „Echt“ wirken sie auf jeden Fall und ich wollte damit auch nicht sagen, dass es dem Film schadet – Im „August in Osage County“ ist halt einfach kein Wohlfühlfilm und das will und muss er auch gar nicht sein. Ich wollte nur keine falschen Erwartungen wecken.
      Meryl Streep und Julia Roberts waren auf jeden Fall überzeugend, das schreibe ich ja auch. Für mich gehören die beiden allerdings generell zu den authentischten Schauspielerinnen in Hollywood. Ganz besonders überzeugen konnte mich Julia Roberts in „Erin Brockovich“, wofür sie ja 2000 auch zurecht mit dem Oscar ausgezeichnet wurde. Das ist zugegebenermaßen schon ein Weilchen her, aber eben nicht vergessen. Im Vergleich dazu ist ihre Rolle als Barbara ein wenig eintönig.

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